Fitnesstest auf höchstem Niveau
WZ-Gewinnerin darf ihre Ausdauer an der Uni-Wuppertal überprüfen lassen, wo sonst vorwiegend Fußballprofis zu Gast sind.
Wuppertal. Kordula Pfaller ist ein bisschen aufgeregt. Gerne möchte sie etwas über ihren aktuellen Fitnesszustand erfahren, und was da mit 55 Jahren noch möglich ist. Insbesondere, weil sie vor fünf Jahren an der Bandscheibe operiert worden ist und ihre Fitness danach erst wieder aufbauen musste. Beim Adventskalender der WZ hatte sie eine Leistungsdiagnostik im Arbeitsbereich Bewegungs- und Trainingswissenschaft gewonnen. Dort, wo sich sonst Leistungssportler — vorwiegend Fußballer, aber auch die Handballer des Bergischen HC — Tipps für ihre Trainingssteuerung holen, darf sie an diesem Tag in die Pedale treten.
Fachbereichsmitarbeiter Matthias Kühnemann, der sich viel Zeit für das Vorgespräch nimmt, wählt danach das Fahrradergometer statt des Laufbands als Instrument für die Spiro-Ergometrie, die er mit Kordula Pfaller gleich durchführen wird. Gemessen werden Ein- und Ausatemgase und Herzfrequenz unter steigender Belastung — so lange, bis der Proband sagt: „Ich kann nicht mehr.“ Und genau davor hat die Probandin Respekt, vielleicht zu früh abbrechen zu müssen, „sich zu blamieren“.
Auf dem Fahrrad fühlt sie sich allerdings zu Hause. „Ich versuche, in der Stadt so viele Wege wie möglich mit dem Rad zurückzulegen, mache gerne auch längere Touren“, sagt die 55-Jährige, die für die Grünen Mitglied in der Bezirksvertretung Elberfeld West ist.
Der Lungenfunktionstest, den Matthias Kühnemann vorweg durchführt, um Ausgangsdaten für die spätere Auswertung der Spiroergometrie zu erhalten, bestätigt dann auch, dass Pfaller, die außerdem noch zweimal die Woche zum Rücken- und Fitnesstraining geht, in dieser Hinsicht über dem Durchschnitt von Menschen in ihrem Alter liegt.
Doch wie ist das unter Belastung? In Schritten von 30 Watt wird der Widerstand des Fahrradergometers beginnend bei 40 Watt alle drei Minuten gesteigert. 75 Umdrehungen soll Kordula Pfaller treten und stuft selbst bei 130 Watt das subjektive Belastungsgefühl noch als „sehr gering“ ein. Zu diesem Zeitpunkt hat die Kurve des Ausatemgases Kohlendioxid längst die des eingeatmeten Sauerstoffs überholt, die so genannte anaerobe Schwelle, ab der die Energie nicht mehr vorwiegend durch Sauerstoffverbrennung bereitgestellt wird.
Das heißt aber auch, es entsteht Laktat als Abfallprodukt, irgendwann so viel, dass es nicht mehr so schnell abtransportiert werden kann. Der Muskel „macht zu“. Diesen Laktatspiegel im Blut misst Matthias Kühnemann laufend. Und plötzlich geht es ganz schnell. Nach 13 Minuten sagt Kordula Pfaller: „Jetzt wird es schwer.“ Sie keucht hörbar durch den verengten Luftschacht der Maske. Bis Minute 17 bei 160 Watt schafft sie es noch, dann bricht sie ab.
„Kein Problem“, beruhigt sie Matthias Kühnemann. Die Kurve auf dem Monitor vor ihr zeigt, dass sie bereits über dem Normbereich für Frauen ihres Alters und ihrer Größe liegt. 27 Milliliter maximale Sauerstoffaufname weist der Computer aus. „Normal sind mit 30 Jahren etwa 40, danach nimmt es ab“, so Kühnemann. Tour-de-France-Sieger Christopher Froome sei mit 90 eine absolute Ausnahme, die Werte von Fußballprofis lägen zwischen 55 und 65. Dass bei Kordula Pfaller am Ende die Kurve der Ausatemgase deutlich über der des eingeatmeten Sauerstoffs liegt, zeigt Kühnemann, dass sie sehr gut in der Lage ist, schnelle Energie bereitzustellen. „Da zahlen sich die Wuppertaler Berge aus“, sagt die Hobbyradfahrerin und ist gespannt auf die Feinauswertung, die ihr Kühnemann in den nächsten Tagen zuschicken will, zusammen mit individuellen Trainingstipps.
„Eine tolle Aktion“, strahlt sie. Und eine privilegierte, denn derartige Tests an der renommierten Uni sind gefragt — und kosten normalerweise. Die Erkenntnisse nutzt der Fachbereich im Dienst der Wissenschaft und hat sich weltweit einen guten Ruf erworben.