HardMoves: Wie Spiderman an der Wand klettern
Beim internen Halbfinale gibt’s schon mal einen Appetizer für das Super-Finale in der Schwimmoper.
Wuppertal. Es ist genau diese Atmosphäre, die die HardMoves, diesen einmaligen, im Wuppertaler Kletterzentrum Wupperwände entwickelten Boulder-Teamwettkampf, ausmachen: Soeben ärgert sich Simon Ritter noch, dass er nach zig Versuchen aus der etwa drei Meter hohen Wand herausgekippt ist, da kommt von seinem Kletterkumpel der entscheidende Tipp.
„Du musst hier den linken Fuß nehmen und das Gewicht anders verlagern.“ Sekunden später hat der 17-jährige Wuppertaler auch diese Aufgabe gelöst, kann den nächsten Boulder auf seiner Scorekarte abhaken und klatscht sich mit seinen Freunden ab. „Geht doch.“
Am Ende des Tages hat Ritter 33 von 35 Bouldern des internen Halbfinales gelöst und gehört erwartungsgemäß zu den zehn Kletterkünstlern, die am 2. März die Wupperwände im Finale mit 28 anderen Kletterhallenteams aus Deutschland und dem Ausland vertreten sind.
Das Halbfinale ähnelte schon dem Modus, der entscheiden wird. Sechs Stunden Zeit hat jeder Kletterer nur, um die 35 Aufgaben zu lösen. „Irgendwann spielt dann auch die Kraft eine Rolle“, beschreibt Matthias Götting-Boller, den alle nur „Mathis“ nennen, den besonderen Reiz. Die ersten 20 Aufgaben hat er relativ schnell gelöst, muss danach aber erst einmal wieder Kraft schöpfen, wie nun nach fast jeder Aufgabe. Sechs bis sieben Griffe oder Tritte sind es bis Top, die Anstrengung hängt von der Größe der Griffe ab und davon, wie steil die Wand ist.
Die schwierigsten Boulder weisen gar Überhänge von 90 Grad auf. Da muss man schon etwas von Spiderman haben, um das zu lösen. Die Routen mit den braunen und den gelben Griffen sind die schwierigsten, stellt sich schnell heraus — und so bleiben diese Nummern auf den meisten Scorekarten selbst der größten Spezialisten frei. Nur Malte Heine und Jonas Winter, die mit der Maximalzahl von 100 Punkten aus dem Vorkampf (dafür gab es mehrere Wochen Zeit) bereits vorqualifiziert sind und an diesem Wochenende nur außer Konkurrenz mitmachen, bezwingen auch diese Boulder. Manuel Wiegel, ebenfalls Mitglied aus dem vergangenen Siegerteam, kommt ihnen mit 34 am nächsten.
Für andere sind bereits 25 eine Superleistung. Kaum einer der besten 100 nach dem Vorkampf (mehr als 400 nahmen daran teil) lässt es sich jedenfalls nehmen, sich auch an den neuen Halbfinalaufgaben zu probieren. Genau das ist es, was den Reiz dieser Trendsportart ausmacht: probieren, trainieren und auch ein wenig fachsimpeln. Wer gestählte Körper sehen will, ist hier richtig. Viele klettern mit freiem Oberkörper, obwohl es in der Halle kühl ist. Doch die Anstrengung pumpt das Blut automatisch in die Muskeln, so dass die „Körperheizung“ auf Touren kommt. Schweiß wäre wiederum für die Griffigkeit nicht gut, auch wenn Magnesia als Hilfsmittel so obligatorisch ist wie Kunstharz für Handballer.
Dass Klettern teamintern Generationen verbindet, zeigt sich an dem erst 13-jährigen Talent Chiara Windgassen und dem schon 40-jährigen Arndt Krüger. Krüger hatte wie Torsten Schuldt den Wettkampfsport eigentlich schon an den Nagel gehängt, sich aber durch die HardMoves mit dem Top-Event in der Schwimmoper noch einmal neu motiviert, in Form zu kommen. Das bedeutet viel Arbeit. Es gibt wohl niemanden aus dem Finalteam, der nicht mindestens dreimal pro Woche trainiert.
Allen voran natürlich Juliane Wurm, die schon nationale und internationale Titel gewonnen hat. Sie freut sich, dass diesmal auch ihr jüngerer Bruder Alexander (16) den Sprung ins Finalteam geschafft hat. Die 22-Jährige hat ihn im Halbfinale begleitet, ihm Tipps gegeben, schließlich trainieren beide auch oft gemeinsam in Wuppertal.
„Das Finale kann kommen“, sagt Christian Popien. Für ihn und sein Team kommen aber erst die großen Herausforderungen, denn mit der Schwimmoper werden sie eine neue Dimension betreten und den atemberaubenden Sport wohl für Zuschauer so anschaulich machen wie nie zuvor.