Basketball: Hier ist er einfach der Hansi
Hansi Gnad, Europameister von 1993, trainiert drei Wuppertaler Teams und spielt bei den VSTV-Herren ab und zu auch selbst mit.
Wuppertal. Man stelle sich vor, Lothar Matthäus wäre Spielertrainer bei einem Fußball-Landesligisten — sagen wir dem SSV Sudberg. Was in Deutschlands (Geld-) Sportart Nummer eins undenkbar erscheint, nämlich, dass ein ehemaliger Rekordnationalspieler eine unterklassige Mannschaft führt, ist im Basketball Realität.
Seit Saisonbeginn taucht Hansi Gnad nicht nur an der Linie beim Landesligisten Vohwinkeler VSTV auf, sondern spielt mit 49 Jahren ab und zu auch selbst mit.
181 Länderspiele, Europameister 1993 und in der Vor-Nowitzki-Zeit eines der bekanntesten Gesichter im deutschen Basketball — hier ist er einfach der „Hansi“ oder der „Coach“. „Er ist völlig normal geblieben, kein bisschen abgehoben“, sagt Michael Hantzaridis, der mit 38 Jahren bei den ansonsten jungen Vohwinkeler Herren selbst zu den Erfahrenen gehört und es ein Erlebnis nennt, einen so kompetenten Trainer und Mitspieler zu haben.
Das „Du“ ist für Hansi Gnad keine Frage — auch bei der U 18 des BTV Ronsdorf Graben und der U 14 des Vohwinkeler STV, die er ebenfalls trainiert. „Das hat nichts mit Autorität zu tun. Wenn ich die nicht besitzen würde, wäre es schon traurig“, sagt Gnad in seiner ruhigen Art, die er selbst in engen Spielen nicht verliert, wie sein Schützling Lukas Nick versichert. Richtig aufregen kann er sich nur, wenn seine Teams verlieren, obwohl sie es vom Können her nicht dürften. „Dann kann ich auch mal laut werden“, sagt Gnad über sich.
Keine Frustration darüber, dass er nach seiner großen Karriere und Co-Trainerstellen in der ersten Liga und im Nationalteam bei der EM 2011 bisher keinen adäquaten Anschlussjob gefunden hat. „Die wirklich bezahlten Stellen sind im Basketball rar gesät. Ich fahre nicht für einen Job in der Pro B für 1500 Euro im Monat ein paar Stunden zum Training“, sagt Gnad, der mit der Familie in Burscheid im eigenen Haus wohnt.
So sagte er 2011 zu, als Thomas Braun vom BTV Ronsdorf-Graben, dessen Sohn ebenso wie der von Gnad in der Jugend-Bundesliga bei Bayer Leverkusen spielt, fragte, ob der sich nicht vorstellen könne, die Ronsdorfer Jugend zu trainieren. Hellhörig geworden, bat der Basketball-Förderverein des VSTV ihn, sein Engagement in dieser Saison auf die Vohwinkeler Herren und die U 14 (dort spielt nun Gnads jüngerer Sohn) auszudehnen.
So absolviert er derzeit sechs Trainingseinheiten pro Woche in Wuppertal — je zwei mit den drei Teams. Am Wochenende kommen die Spiele hinzu, wobei die Jugend für ihn bei Terminüberschneidungen Priorität hat. Gnad: „Mit jungen Spielern zu arbeiten, macht mir unheimlich viel Spaß, weil man sehr schnell Erfolge sieht.“
Dass er mit 49 Jahren auch selbst noch das Trikot überzieht, hing mit Personalproblemen zusammen, die die VSTV-Herren plagten. Beim Gegner ist der 2,08 m große Ex-Star natürlich stets das Thema.
„Da gibt es welche, die wollen etwas beweisen“, berichtet der Ex-Star, der keine Lust hat, sich durch übermotivierte Gegner in seinem Alter die Knochen polieren zu lassen. Er geht dann lieber ’raus und locker damit um, dass beim Gegner alle Großes von ihm erwarten, was er teilweise nicht mehr erfüllen kann. „Wenn er den Ball hat, merkt man aber noch seine Klasse, und einen Dunking aus dem Stand kriegt er weiter locker hin“, berichtet Michael Hantzaridis.
Am liebsten lässt Gnad aber die Jungen ran, gibt von der Linie ruhig und präzise seine Hinweise. Und das selbst beim klaren 100:30-Erfolg seiner Herren am vergangenen Samstag gegen Königshardt noch. Jeden individuell besser machen, ist sein Ziel. Und da spielt es dann keine Rolle, dass es Landesliga und keine Kamera in der Nähe ist. Was wohl Lothar Matthäus dazu sagen würde?