Motorradrennen: Im kalkulierten Tempo-Rausch
Seit mehr als zehn Jahren fährt Jesco Günther Motorradrennen. 2011 wurde er Deutscher Meister, jetzt greift er wieder an.
Wuppertal. 185 Kilo schwer, 140 PS stark und 280 Stundenkilometer schnell sind die Motorräder, mit denen Jesco Günther seit Jahren auf den Rennstrecken in Deutschland und im Ausland zu Hause ist. Einen Motorradführerschein besaß der schnelle Wuppertaler bis 2012 aber nicht, sorgte 2011 als Internationaler Deutscher Meister ohne „Lappen“ in der Klasse Supersport 600 für Aufsehen.
„Dabei ist das normal, ich brauchte den nicht“, sagt der junge Mann ebenso sachlich, wie er in der gefährlichen Sportart durch die Kurven rast — mit beachtlichem Erfolg. Die Leidenschaft für Motorradrennen hat er vom Vater. Als der aufhörte, stieg der Filius in der 125er-Klasse ein, fuhr ab 2000 zunächst ADAC-Junior-Cup, dann die Dark Dog Challenge, die schon viele spätere Weltmeister hervorgebracht hat. Auch Jeso Günther stieg schnell auf, war 2003 als 19-Jähriger einer der Jüngsten in der Klasse Supersport 600, gleich unter der Königsklasse der Moto GP.
Zwischen 2008 und 2010 fuhr er sogar WM, hatte aber kaum konkurrenzfähiges Material und machte nach vielen Teamwechseln (fast immer war das Budget knapp) bewusst den Schritt zurück in die IDM.
„Was alles zusammenpassen muss, damit vorne eine Eins steht, ist enorm“, sagt Günther und zählt bescheiden auf: „Material, Techniker, fahrerisches Können, die Kommunikation im Team.“
Oliver Heiermann über seinen Schützling Jesco Günther
Zu bescheiden, wie Oliver Heiermann findet, der Günther seit 2012 mit seinem Wuppertaler Label Hartkor Fakker vermarktet. „Das sind Extremsportler“, sagt Heiermann, der früher selbst Rennen gefahren ist, in seinem Extremsport-Team aber bisher nur Freestyle-Crossfahrer hat.
Günthers Besonnenheit ist auch seine Stärke in einer Branche, in der Hasardeure öfter ein Rennen, selten aber eine Meisterschaft gewinnen und schnell ihre Gesundheit verlieren können. Bis auf die „obligatorischen“ Schlüsselbeinbrüche oder einen Handbruch hat Günther keine ernsthaften Sturzverletzungen gehabt.
„Ihm gelingt es aber auch sehr gut, trotz seiner Intelligenz im richtigen Moment laufen zu lassen“, sagt Heiermann. Genau so will Günther, der 2011 seinen Titel auf Yamaha holte und sich damit ein Engagement als Suzuki-Werksfahrer verdiente, nun wieder in den Titelkampf eingreifen. 2012 war ein „Aufbaujahr“ in dem seine neue GSXR auf die Strecken abgestimmt werden musste und der sechste Platz, der am Ende heraussprang, mehr war, als man erwarten konnte.
Momentan geht er seinem Beruf als Produktmanager bei Zulieferer und Sponsor Mahindra nach, ist zwischendurch mit Heiermann auf Promotion-Tour, denn auch wenn der Saisonetat gesichert ist, bedeutet jeder neue Sponsor Geld für ein zusätzliches Tuning-Kit.
Im März beginnen die Testfahrten in Spanien, am 22. April die IDM-Rennen auf dem Lausitzring. Unwahrscheinlich, dass Günther bis dahin auch mal seine Werks-Suzuki aus der Garage holt. Seit ihm der Hersteller 2012 den Führerschein gesponspert hat, ist er auch ab und zu auf der Straße unterwegs. Zum Café Hubraum oder zur Bever — nur zur Entspannung.