Thai-Boxen: Kreiskotts Haken voll im Ziel
Lokalmatador neuer Weltmeister nach IKBO-Version in der Uni-Halle.
Wuppertal. Mitternacht war längst vorüber, da riss Werner Kreiskott vom Fight-Club in Vohwinkel die Arme hoch. Sein Gegner, der Ungar Gabor Meiszter, hatte sich nach den erbarmungslosen Haken-Serien in der dritten Runde zwar wieder aufgerappelt, doch statt sich zum Kampf zu stellen, taumelte er in seine Ecke. Werner Kreiskott war auf eindrucksvolle Weise neuer Weltmeister im Schwergewicht des Thai-Boxens nach IKBO-Version geworden.
Und der 30-Jährige wurde von den gut 1000 Fans in der Uni-Halle frenetisch gefeiert: Egal, ob seine attraktive Freundin Olga, die breitschultrige Abordnung der eigens angereisten "Hell’s Angels Cologne" oder die Schar seiner Anhänger, alle wollten das 106 Kilo schwere Kraftpaket herzen oder wenigstens den voluminösen WM-Gürtel berühren.
Eigentlich ein ungleiches Duell: hier der größere, erheblich athletischer wirkende Ungar, da der keineswegs asketische Kreiskott. Doch die größere Reichweite des Gegners und seine linke Führhand ignorierte der bedingungslos angreifende Kreiskott ebenso wie dessen harte Kicks. Trafen seine Schlagserien zunächst nur die Deckung Meiszters, so krachte in der zweiten Runde eine Linke, "garniert" mit einem rechten Schwinger, an den Kopf des Ungarn, der landete auf den Knien, kam wieder hoch und rettete sich in die Pause.
"Da wusste ich, das ich ihn schlagen würde," kommentierte der neue Champion seinen Erfolg, bei dem er nicht auf die Hilfe der Punktrichter zu vertrauen brauchte. "K.o.-Sieger in der dritten Runde: Werner Kreiskott." verkündete der Ringsprecher, bevor es niemand mehr auf den Plätzen hielt.
Da Kreiskotts Schüler Marcel Gottschalk seine beiden Turnierkämpfe im zwei Dutzend Fights umfassenden Abendprogramm ebenfalls gewinnen konnte, hätte es ein perfekter Tag werden können. Doch es gab einen Wermutstropfen, nämlich den zweiten WM-Kampf, den Kreiskotts Compagnon Cagri Ermis im Super-Weltergewicht gegen den Griechen Stathis Benov zu bestreiten hatte.
Ein hochklassiges Fünf-Runden-Gefecht von zwei bestens austrainierten Athleten. Der Grieche, der von bisher 110 Kämpfen 108 gewonnen hatte, stoppte die Angriffe von Ermis vielfach durch blitzschnelle Drehkicks, befand sich jedoch meist im Rückwärtsgang gegen den energisch vorwärts drängenden türkischen Europameister.
Benov konterte geschickt, doch da von Ermis die größeren Aktivitäten ausgingen, sah er sich - wie die meisten der Zuschauer - nach dem Schlussgong als Punktsieger. Doch zu aller Überraschung entschieden die drei Punktrichter mit 50:46, 47:50 und 49:50 insgesamt 2:1 gegen den total enttäuschten Ermis.
"Ich hatte fest mit einem Sieg gerechnet", meinte der bisher so erfolgreiche Wuppertaler am Boden zerstört, zumal er auch auf den Heimvorteil gehofft hatte. "Aber die Dinge, die da im Vorfeld auf Werner und mich herein gestürmt waren, haben mich vielleicht aus dem Konzept gebracht. Ich war nicht in Top-Form, glaube aber trotzdem, gewonnen zu haben."
Klaus Waschkewitz, der IKBO-Präsident meinte: "Die Punktrichter haben entschieden. Die kann ich schließlich nicht überstimmen." Er war sich aber schnell mit seinem Stellvertreter, dem als Ringrichter fungierenden Dirk Schwarz einig, dass Cagri Ermis ein "Rematch" verdient hat.
Ansonsten gab es in dieser vorzüglich bis in kleinste Details organisierten (vielleicht etwas zu langen) Veranstaltung auf internationalem Niveau keine umstrittenen Urteile, keinen Ärger, sondern zum größten Teil ausgezeichneten Sport, ein ansprechendes Show-Programm und vor allem einen Wuppertaler als neuen Weltmeister...