Besuch in Wuppertal Max Christian Graeff bringt mit Archiven die Vergangenheit zum Sprechen

Wuppertal · Der Autor und Archivar war bei den Naturfreunden zu Gast und hat über seinen Beruf referiert.

Was staubiges Archivieren mit Entwicklung zu tun hat, dazu hat Max Christian Graeff den Naturfreunden am Samstagabend Antworten mitgebracht.

Foto: Ja/Fries, Stefan (fri)

Autor, Lektor, Sänger, Zeitungskolumnist – wer die Tätigkeitsfelder von Max Christian Graeff aufzählt, braucht einen Moment. So ging es auch Marlene Blaschke vom Naturfreundehaus, die Graeff als Vortragsredner in das Programm der Naturfreunde nach Ronsdorf eingeladen hatte. Dort referierte er über den „Sinn von Archiven und Biografien in neuer Medienwelt“.

Seine 30 Zuhörer, die am Samstag auf der Luhnsfelder Höhe zusammensaßen, waren nicht überrascht, dass der vielseitig Tätige aus dem Nähkästchen des Archivars plauderte. Etwa von seinen jüngsten Bemühungen um den Werknachlass von André Poloczek. Der Künstler war im vergangenen Juni verstorben, und nach dem unerwarteten Tod standen Poloczeks Verwandte vor einem Berg an Zeichnungen, Bildern und Büchern. Da die Familie weder Kapazitäten noch Zeit für eine Sichtung hatten, übernahm Graeff den Job. Er nahm sie mit nach Hause und sortierte sie: „Am Ende war alles so übersetzt, dass Außenstehende damit etwas anfangen konnten.“ In diesem Fall das Team des Museums für Komische Kunst in Frankfurt am Main, das Ende 2022 einen Großteil von „Polos“ Nachlass in sein Archiv aufnahmen.

Während dieses Projekt für Graeff abgeschlossen ist, wird ihn der „Wissende Arrenberg“ noch auf Jahre hinaus beschäftigen. Im Auftrag des Vereins Aufbruch am Arrenberg sucht er Publikationen über das Viertel – sei es nun im Original, als Kopie oder Datei. „Es ist unheimlich viel passiert am Arrenberg“, so der Vortragende.

Mit dem bloßen Sammeln habe Archivieren wenig zu tun, betonte Graeff. Entscheidend sei der Inhalt des gesammelten Materials, das die Vergangenheit zum Sprechen bringen könne. Dabei entpuppten sich manchmal die unscheinbarsten Dinge als wertvoll. Als Beispiel nannte er den „Schatz“, den er vor Jahren in der Schweiz gehoben habe. Unter den halbzerfallenden Büchern eines heute unbekannten Schauspielers fand sich nämlich dessen Briefwechsel mit Georg Kaiser (1878-1945), einem der wichtigsten Dramatiker des Expressionismus.

Der Archivar Graeff hat immer wieder die Erfahrung gemacht, dass selbst schlecht gelagerte, feuchte Bücher gerettet werden können. Andere Speichermedien seien umso problematischer. Bei vielen Tonbandaufnahmen komme jeder Digitalisierungsversuch zu spät: „Das Band zerfällt einfach.“ Gern griff er den Hinweis eines Zuhörers auf, der auf die Vinylschallplatte hinwies. Die in die LP-Rillen geschnittenen Aufnahmen hätten eine deutlich bessere Überlebenschance.

Dass das Internet nichts vergisst – an diesen Satz mag Graeff nicht recht glauben. Viele ältere Seiten seien nicht mehr abrufbar oder schlummerten auf unzugänglichen Servern. Darum empfehle er, die analogen Quellen nicht zu vernachlässigen. Eine Ausnahme sind für ihn „Papierlexika“, die irgendwann hoffnungslos veraltet seien. Online-Nachschlagewerke hält er für die bessere Wahl: „Man muss sie nur kritisch lesen.“

Das Kulturprogramm des Naturfreundehauses Ronsdorf geht am 29. Januar weiter: Klaus Grabenhorst spielt Anti-Kriegslieder. Einen Streifzug durch Irland unternimmt am 12. Februar das Folkduo „The Irish Pints“.