Arbeitskampf Mega-Streik: Verdi will Wuppertal am Dienstag komplett lahmlegen
Update | Wuppertal · Busse, Kitas und Ämter: Die Gewerkschaft will in dieser Woche an einem Tag alle Bereiche gleichzeitig bestreiken lassen.
Am Dienstag, 28. Februar, wird in Wuppertal gestreikt – nicht nur in einzelnen Bereichen, sondern flächendeckend im öffentlichen Dienst: Das kündigen die Gewerkschaften Verdi und Komba an. Bei der zweiten Tarifrunde gab es keine Einigung. Für die Angestellten der Kommunen fordern die Gewerkschaften eine Lohnerhöhung von 10,5 Prozent, mindestens jedoch 500 Euro. Das Angebot der Arbeitgeber liegt bei 5 Prozent in zwei Schritten, einer Einmalzahlung von 2500 Euro und einer Laufzeit von zwei Jahren.
Damit sind die Gewerkschaften nicht einverstanden. „Die Kollegen empfinden das Angebot als reine Mogelpackung und gezielte Respektlosigkeit“, sagt Jörg Beier, Komba-Vorsitzender in Wuppertal. „Die Beschäftigten haben jetzt große Probleme, die hohen Energiekosten und Lebensmittelpreise zu bezahlen“, sagt Stephanie Peifer, Geschäftsführerin des Verdi-Bezirks Düssel-Rhein-Wupper. „Sie brauchen jetzt deutlich mehr Geld.“
Einschränkungen bei Bussen, Müllabfuhr und Ämtern
Deshalb wird am Dienstag erneut gestreikt. Davon werden viele Bereiche in Wuppertal betroffen sein. „Welche genau, werden wir erst am Dienstagmorgen feststellen“, sagt Stadtdirektor Stefan Kühn. Er geht jedoch davon aus, dass viele Beschäftigte dem Streikaufruf folgen werden.
„Das wird ein riesengroßer Streiktag“, sagt Silke Iffländer von Verdi. Der Aufruf gelte für alle Bereiche des öffentlichen Dienstes. Die Gewerkschaft rechnet damit, dass der öffentliche Nahverkehr zum Erliegen kommt, Busse und Schwebebahn nicht fahren. In der Stadtverwaltung sind voraussichtlich das Einwohnermeldeamt und die Kfz-Zulassungsstelle betroffen, außerdem die Müllabfuhr und Straßenreinigung, sowie städtische Kitas und Seniorenheime. Bei letzteren werde die Pflege der Bewohner natürlich gewährleistet. Auf der B7 kann es zu Verkehrseinschränkungen kommen, wenn die Streikenden von 10.30 bis 11 Uhr vom Opernhaus zum Johannes-Rau-Platz laufen, wo eine Kundgebung stattfindet.
Die Wuppertaler Stadtwerke vermuten, dass ein Großteil der Belegschaft mitmacht. „Das bedeutet, dass an diesem Tag keine Busse und Schwebebahnen verkehren und die Kunden-Center geschlossen bleiben.“ Die WSW bitten die Fahrgäste, sich frühzeitig über Alternativen zu informieren und Fahrgemeinschaften zu bilden.
Die Wuppertaler Taxi-Zentrale bereitet sich auf deutlich mehr Kundschaft vor, sagt Nico Höttges, Teil des geschäftsführenden Vorstands. „Es rufen so viele Leute an, das ist fast wie Silvester“, erzählt er von den vergangenen beiden Streiktagen Mitte Februar. Die Vermittlung und die Fahrer gäben ihr Bestes, aber: „Fahrgäste müssen sich darauf einstellen, dass es zu Wartezeiten kommen kann. Sie sollten etwas mehr Zeit einplanen. Wir hoffen, dass sie Verständnis dafür haben.“
Der Streik habe zwar Auswirkungen auf den Nahverkehr, nicht aber auf die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Wärme, so die Stadtwerke. Die Störungsdienste seien rund um die Uhr unter den Nummern 0202/569-3000 (Strom) und 0202/569-3100 (Gas, Wasser, Fernwärme, Stadtentwässerung) erreichbar.
Weil der Streikaufruf auch für die Straßenreinigung gilt, werden bestimmte Fahrbahnen und Bürgersteige nicht gereinigt, außerdem werden Papierkörbe nicht geleert, sagt Sprecherin Michaela Dick. Die Reinigung werde nicht nachgeholt. Für die Abfallwirtschaftsgesellschaft gilt, dass die Müllabfuhr nicht fährt und die vier Recyclinghöfe an der Widukindstraße,Korzerter Straße, am Bornberg und Giebel geschlossen bleiben, ebenso das Autorecycling am Deutschen Ring, teilt Sprecher Andreas Spiegelhauer mit. „Die AWG bittet die Bürgerinnen und Bürger, nicht geleerte Mülltonnen draußen stehen zu lassen. Die ausgefallenen Leerungstermine werden nachgeholt.“
An den vergangenen beiden Streiktagen Mitte Februar blieben alle städtischen Bäder und das Engelshaus geschlossen, außerdem eine Stadtteilbibliothek, die anderen Bibliotheken öffneten. Auch die Stadtsparkasse Wuppertal war von dem Streik betroffen, einige Filialen blieben geschlossen. Die Wuppertaler Sparkasse schrieb am Freitag in einer Mitteilung, dass sie davon ausgeht, dass es zu „Einschränkungen“ in den Filialen kommen könnte.
Die Forderung entspricht für Wuppertal zehn Millionen Euro
Die Tarifverhandlungen werden am 27. März fortgesetzt. Bis dahin werde es weitere Streiktage geben, über das Land und Bereiche verteilt, kündigt Jörg Beier von der Komba an. „Die Enttäuschung über das Angebot ist groß, die Bereitschaft zum Streik ebenso.“ Durch die hohe Inflation sänken die Reallöhne deutlich. „Entweder gibt es Ende März ein tragfähiges Angebot oder wir rufen zur Urabstimmung auf.“ Es könnte ein Erzwingungsstreik über mehrere Tage oder Wochen folgen.
Das sei zu vermeiden, sagt Stadtdirektor Stefan Kühn: „Das hätte gravierende Auswirkungen. Beim öffentlichen Nahverkehr wäre es ein massiver Eingriff in die Mobilität, bei Kitas in die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, und ein großes Problem bei der Abfallentsorgung.“ Er hofft, dass es schnell zu einer Einigung kommt, damit die Einschränkungen für Bürger möglichst gering bleiben.
In seiner Brust schlügen zwei Herzen, sagt Stefan Kühn. Es sei gut, dass es das im Grundgesetz verankerte Streikrecht gibt. Der öffentliche Dienst müsse als Arbeitgeber attraktiv bleiben, auch durch das Gehalt. Gleichzeitig ist er derzeit Kämmerer. Im Entwurf für den Haushalt 2023 ist ein Puffer für eine Tariferhöhung von fünf Prozent vorgesehen, für die Angestellten der Stadt Wuppertal wären das fünf Millionen Euro. Die Forderung der Gewerkschaften entspräche zehn Millionen Euro Mehrausgaben im Jahr. „Das würde den Haushalt entsprechend belasten.“