Meisterhafte Virtuosität auf der Klarinette

Beim achten Sinfoniekonzert in der Historischen Stadthalle standen französische Komponisten im Mittelpunkt.

Foto: Andreas Fischer

Das französische Orchester „Concerts Colonne“ hielt Anfang des letzten Jahrhunderts nicht viel von den sinfonischen Skizzen „La mer“ (das Meer) von Claude Debussy. Sie ließen während einer Probe mit dem Komponisten sogar Papierflieger aus Notenpapier fliegen. Heute gilt „La mer“ als Musterbeispiel für den französischen Impressionismus, steht ungebrochen auf vielen Konzertprogrammen. So war es auch beim achten städtischen Sinfoniekonzert im Großen Saal der Stadthalle, das ausschließlich der Musik aus Frankreich gewidmet war.

Aus der entgegengesetzten Himmelsrichtung kam der Gastdirigent Sergey Smbatyan. Er ist in Armenien Chefdirigent und künstlerischer Leiter des von ihm gegründeten „State Youth Orchestra of Armenia“ (staatliches Jugendorchester Armeniens). Mit einer geschmeidigen Körpersprache und fließenden Armbewegungen lotste er die Sinfoniker durch die drei vertonten Charaktere des Meeres: die ungestüme Leidenschaft der Brandung, die salzige Seeluft, die ewig wiederkehrenden Wellen.

Dieser Gehalt wurde klar zum Ausdruck gebracht trotz ein paar kleiner Ungenauigkeiten: Die Bratschen hätten ganz am Anfang ruhig ein wenig lauter spielen und die hintere Orchesterabteilung bei lauten Stellen harmonischer auf die anderen Gruppen abgestimmt werden können. Auch hätten die ganz großen musikalischen Spannungsbögen besser dargestellt werden können. Dann wären das geschickte Verwischen von Tonarten — ein Effekt wie zusammenfließende Farben — sowie die Wellen- und Kreisbewegungen der Melodien noch verständlicher zu hören gewesen.

Debussys „Prélude à l’après-midi d’un faune“ (Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns), mit der die Matinee eingeläutet wurde, gilt als Hauptwerk des Impressionismus trotz seiner kurzen Dauer von etwa zehn Minuten. Es stellt einen Wendepunkt in der Entwicklung zur modernen Musik dar.

Auch hier geht es nicht um ein Nacherzählen wie in der Programmmusik. Vielmehr sollen Stimmungen erweckt, die Begierden und Träume des Fauns nachempfunden werden. Das Fabelwesen schien nur an diesem Vormittag ein kleiner Morgenmuffel gewesen zu sein. Denn das bedächtig gehaltene Tempo konnte das durchsichtige, träumerische Leuchten und die zarten Gefühlsnuancen nicht ordentlich vermitteln.

Zentraler Programmpunkt war das 1968 geschaffene Konzert für Klarinette und Orchester von Jean Françaix. Es wird manchmal auf Musikwettbewerben gespielt, so etwa vor fünf Jahren bei dem der ARD in München. Denn es stellt an den Solisten handwerklich und musikalisch sehr hohe Anforderungen.

Das Stück zeichnet sich durch spielerische Eleganz, transparente Klanglichkeit, leichter Ironie aus und ist heiter-unterhaltend. Vom Orchester sensibel begleitet, verstand es die israelische Klarinettisten Shirley Brill ausge-zeichnet, das Konglomerat aus verschiedenen Musikstilen und musikalischen Zitaten wie solche von George Gershwin ihrem Holzblasinstrument zu entlocken.

Sie beeindruckte mit meisterhafter Virtuosität und brillanten Melodiegestaltungen. Für diese erstklassige Vorstellung heimste sie folglich lang anhaltenden Beifall ein. Dafür bedankte sie sich mit „Syrinx“, im Original von Debussy für Querflöte geschrieben. Hier konnte sie mit einer außerordentlich beweglichen Tongebung faszinieren.