Mietnomaden und Messies: Schlimmer als ein Schweinestall

Wuppertals Hausbesitzer haben mit einem teuren und ärgerlichen Phänomen zu kämpfen.

<strong>Wuppertal. Der Müll stapelt sich bis unter die Decke, der Hund verrichtet sein Geschäft auf dem Teppich und in der Küche gammeln seit Monaten die Essensreste. Das ist nicht erfunden, das sind leidvolle Erlebnisse von Wuppertaler Hausverwaltern. "Was sie da manchmal vorfinden als Schweinestall zu bezeichnen, wäre eine Beleidigung für die Tierwelt", sagt Jürgen Henke, Vorsitzender der Eigentümervereinigung Haus und Grund. Gerd Schmidt, Geschäftsführer des Eisenbahn Bauvereins Elberfeld, beschreibt es so: "Das ist ein Schockerlebnis, das kaum zu beschreiben ist. Da hilft es auch nicht, schon mal Fernsehbilder von solchen Wohnungen gesehen zu haben. Der Geruch ist unvorstellbar."

Nachbarn melden den Geruch im Treppenhaus

Der Hausbesitzer bekommt den Kontrollverlust seines Mieters in der Regel erst mit, wenn es schon zu spät ist. Wenn sich Nachbarn melden, weil der Geruch im Treppenhaus nicht mehr auszuhalten ist. Es folgen die Räumungsklage, der Gerichtsvollzieher, die Wohnung muss ausgeräumt und saniert werden. Eine Weitervermietung ist zunächst einmal undenkbar. Allein der Gerichtsvollzieher verlangt für den Möbeltransport und die Einlagerung des Hausrats bis zu 5000 Euro. "Da fließen locker 20 000 Euro, bis die Wohnung wieder bewohnbar ist. Das kann einem Privatmann das Genick brechen", sagt Jürgen Henke. Von den etwa 300 Wohnungen, die Haus und Grund verwaltet, fallen im Jahr vier bis sechs Mietvandalen zum Opfer. Meistens sind es junge Alleinstehende, die die Kontrolle über ihr Leben verlieren. "Fast immer sind Alkohol und andere Drogen im Spiel. Nicht jede Sucht lässt sich bei der ersten Begegnung erkennen", beschreibt Jürgen Henke. Gerd Schmidt dagegen hat mit einem anderen Phänomen zu kämpfen: Messies, das sind Menschen, die nichts wegwerfen können, die alles, was sich in ihrem Besitz befindet, stapeln. Etwa einmal im Jahr wird - ebenfalls durch Hinweise von Nachbarn - eine solche Chaos-Wohnung vom Bauverein entdeckt. "Messies zahlen pünktlich ihre Miete, fallen also kaum auf", beschreibt Schmidt. Mit Rücksicht auf die belästigten Nachbarn komme es aber dennoch in aller Regel zu einer Räumungsklage. Sowohl der Elberfelder Bauverein mit seinen knapp 2300 Mietwohnungen, als auch Haus und Grund betreiben großen Aufwand, um sich vor solchen Extremfällen zu schützen. Mietanwärter werden gebeten, einen Bogen mit Fragen zu ihrem Einkommen und ihrer beruflichen Situation auszufüllen. In manchen Fällen werden sie in ihrer aktuellen Wohnung besucht oder der letzte Vermieter wird befragt. Jürgen Henke sagt: "Bei diesem Verfahren fällt jeder zweite Anwärter raus." Neben dem Umgang mit der gemieteten Wohnung lässt aber auch die Zahlungsmoral immer häufiger zu wünschen übrig. So genannte Mietnomaden, die von Wohnung zu Wohnung ziehen und vorsätzlich die Miete prellen, sind Henke in zehn Jahren zwar nur zweimal untergekommen. Immer öfter aber handelt er mit seinen Mietern alternative Tilgungsvereinbarungen aus. "Ich halte lieber an dem Mieter fest, den ich kenne, als dass ich ein ganz neues Risiko eingehe", erklärt er.

Hausbesitzer vor dem finanziellen Ruin

Jürgen Harmke, Pressesprecher der Stadtsparkasse, hat beobachtet: "Bei uns gab es in den vergangenen zwei Jahren zehn Fälle, in denen Hausbesitzer vor dem finanziellen Ruin standen, und als Grund dafür Mietrückstände angaben. Das war vor wenigen Jahren noch kein Problem."

Gerd Schmidt erklärt sich den Negativtrend so: "In den vergangenen 30 Jahren hat die Stadt 60 000 Bürger verloren. Zurzeit stehen 12 000 Wohnungen leer. Da ist ein richtiger Wettbewerb um den guten Mieter ausgebrochen. Die Zeiten, in denen sich der Vermieter seinen Mieter aussuchen konnte, die sind in Wuppertal vorbei."

Wohnungen Im Wuppertaler Stadtgebiet gibt es derzeit 194 085 Wohnungen. Das hat das Statistikressort der Stadt ermittelt. Mitte 2006 kamen durch Neubauten weitere 40 Wohnungen dazu.

Einwohner Gleichzeitig nimmt die Bevölkerungszahl ab. Im dritten Quartal 2006 verzeichnete Wuppertal 349 Wegzüge gegenüber 45 Zuzügen.

Kündigung Einem Mieter kann im Regelfall erst dann gekündigt werden, wenn er zwei Monatsmieten im Rückstand ist.

Räumung Bie eine Räumungsklage vollstreckbar ist, vergehen üblicherweise mehrere Monate. Die Kosten für den Gerichtsvollzieher und die gesetzlich vorgeschriebene Einlagerung des Hausrates trägt der Vermieter in Vorleistung. Dieses Geld vom Mieter zurück zu erhalten, scheitert oft an dessen schlechter finanzieller Verfassung.

Mietnomaden, die vorsätzlich die Miete prellen, machen sich des Betruges strafbar.