Mit Niedecken im Wohnzimmer
BAP-Sänger erzählt einen intimen Abend lang von seinem Leben.
Wuppertal. Schirmmütze, Jeanshemd, Bart, die Brille hin und wieder zurechtrückend, die Gitarre immer fest in der Hand — so sitzt er mehreren Hundert gespannt dreinblickenden Augenpaaren im Haus der Jugend gegenüber: Wolfgang Niedecken. Gründer der Band BAP, Autor, Kölner Urgestein. In Barmen liest er aus seiner Autobiographie „Für ’ne Moment“, spielt seine altbekannten Lieder — und zieht damit vom ersten Moment an das Publikum in seinen Bann.
„Erst singe ich ein Lied, dann les ich was vor, dann singe ich wieder ein Lied, dann singe ich wieder was. Super Idee von mir, oder?“, beginnt der Sänger in kölscher Mundart. Auch wenn die musikalische Lesung fast ausverkauft ist, schafft Niedecken Wohnzimmer-Atmosphäre. Er erzählt vom kleinen Geschäft seiner Eltern, vom Chippendale-Tisch, den er als Teenager so peinlich fand, dass er keine Freunde mit nach Hause bringen wollte — und der jetzt in seinem Arbeitszimmer steht. Oder von seinen ersten Versuchen als Musiker, als die Leute unter Protest seine Konzerte verließen. Für diese Anekdoten erntet er Applaus — still bleibt es dagegen bei der Schilderung seiner Internatszeit mit dem pädophilen Priester, der sich an vielen Jungen in seiner Obhut vergriff.
Niedecken findet die perfekte Balance zwischen ernsten und lustigen Geschichten — und begeistert die Besucher. Karina Plewnia und Ingo Lante etwa sind aus dem Ruhrgebiet angereist, freuen sich seit Wochen auf den Abend: „Wir haben das Buch gelesen, viele CDs von BAP zu Hause. Da ist es doch klar, dass wir uns die Lesung nicht entgehen lassen.“ Marie Helder-Krach freut sich vor allem über die Lieder, die sie mitsingen kann.
Dazu fordert Niedecken regelmäßig auf — das schätzen die Besucher: „Es ist nicht so kommerziell wie bei vielen anderen, die ich schon gesehen habe. Es ist immer noch familiär“, stellt Martin Stochach fest.