Mithäftling aus Wut erwürgt

Im Prozess um die Tötung eines 20-Jährigen in der JVA Ronsdorf beteuert der Angeklagte, er habe dem Opfer nur Angst machen wollen.

Foto: Uwe Schinkel

Wuppertal. „Ich bin ausgerastet, da ist es passiert.“ Zunächst nur mit kurzen Sätzen räumt der junge Angeklagte, gerade 19 Jahre alt geworden, ein, dass er in der JVA Ronsdorf seinen Mithäftling (20) erwürgt hat - erst mit den Händen, dann mit einem Gürtel. Der schmale junge Mann mit dem fast kindlichen Gesicht muss sich seit Dienstag wegen Totschlags vor dem Wuppertaler Landgericht verantworten. Er beteuert: „Ich habe nie daran gedacht, den umzubringen. Ich wollte ihm Angst machen.“

Am 4. Mai hatte er sich per Notruf aus seiner Zelle gemeldet, in die er zuvor mit dem 20-Jährigen eingeschlossen worden war. Als Gefängnis-Mitarbeiter in die Zelle kamen, lag das Opfer leblos auf dem Boden. Rettungsmaßnahmen halfen ihm nicht mehr.

Die beiden Häftlinge waren Zellennachbarn, übers Fenster hätten sie sich verabredet, berichtet der Angeklagte, der auf Nachfragen des Richters nach und nach mit Details herausrückt. Sie wurden gemeinsam in Zelle 7, die Zelle des Angeklagten, eingeschlossen. Erst hätten sie sich unterhalten und geraucht, dann begonnen Karten zu spielen.

Bei der dritten Runde des Kartenspiels „Durak“ sei es um Geld gegangen, 30 Euro. Bezahlt werden sollte über die Einkaufsliste, mit der die Gefangenen im Gefängnis-Shop zum Beispiel Zigaretten kaufen können. Zehn Euro Spielschulden habe der 20-Jährige schon zuvor bei ihm gehabt.

„Ich war viel besser als er, ich hätte gar nicht mit ihm spielen sollen“, meint der Angeklagte. Als der 20-Jährige verlor, habe er verkündet, dass er seine Schulden nicht zahlen will. „Da bin ich sauer geworden. Ich habe ihn angefasst, wir haben uns geschubst, dann ist es eskaliert.“

Er habe „ein Aggressionsproblem“, weiß der Angeklagte, der auch im Gerichtssaal sehr unruhig hin und her rutscht: „Wenn man mich beleidigt, raste ich sofort aus.“ Sie hätten sich geschubst, dann habe er den 20-Jährigen gewürgt. Zunächst habe er die Hände genommen, dann einen Gürtel, der über der Schranktür hing.

Der andere habe sich anfangs gewehrt, „dann wurde er immer schwächer“. Er habe ihn aufs Bett gedrückt. Doch als er nach dem Gürtel gegriffen habe, „stand er vor mir“. Ob er ihn zu Tode würgen wollte?, hakt der Richter nach. „Nein, ich war wütend.“

Den Gürtel habe er seinem Kontrahenten um den Hals gelegt „und zugezogen. Als er zusammenbrach, habe ich sofort losgelassen und den Alarm gedrückt.“ Vorher warf er noch den Gürtel in den Schrank.

Nach dieser Schilderung hatte der Richter noch viele Fragen. Denn der Angeklagte hat seine Aussage schon mehrfach verändert. In der JVA Iserlohn, in die er nach der Tat gebracht wurde, erzählte er etwa zwei Wochen nach der Tat, es habe gar keinen Anlass für den Streit gegeben. Er habe nach einem Mittagsschlaf auf einmal das Bedürfnis gehabt, jemanden zu töten, habe deshalb den Umschluss veranlasst.

„Das war erfunden“, sagt er jetzt. Er habe den Eindruck erwecken wollen, verrückt zu sein. „Ich dachte, dann komme ich in ein Krankenhaus und da wird mir geholfen.“ Später hätten ihm andere klar gemacht, dass ihm in der Psychiatrie möglicherweise ein längeres Eingesperrtsein drohe. Da habe er seine Aussage widerrufen.

Auch die Version, dass sie sich erst geprügelt hätten — das hatte er einem psychiatrischen Gutachter erzählt — sei gelogen. „Ich dachte, ich krieg’ eine mildere Strafe.“

Für den Prozess waren zunächst sechs Prozesstage bis in den Januar angesetzt. Doch möglicherweise könnte das Urteil auch schneller fallen.