Neuer Bildband: 500 Begegnungen mit Johannes Rau

Kurt Keil, vier Jahrzehnte lang Fotograf der WZ, reist in die Vergangenheit. Er bereitet einen großen Bildband über Johannes Rau vor.

Wuppertal. Eines kann Kurt Keil nach wie vor nicht: lange um den heißen Brei herumreden. "Früher oder später muss jeder in die Dunkelkammer - und das leider auf Dauer." Besser kann ein Mann, der seine Brötchen jahrzehntelang als Fotograf verdient hat und in seinem Häuschen auf der Roßkamper Höhe den Unruhestand genießt, das Thema Vergänglichkeit kaum auf den Punkt bringen.

Unvergänglich ist allerdings das, was Keil in seinen vielen WZ-Jahren an Bildmaterial zusammengetragen hat - immer auf Achse, stets unter Termindruck für den nächsten General-Anzeiger. Zwei Millionen Negative nennt der "Meister der Linse" aus dieser Zeit sein eigen: Stoff für eine ganze Reihe aus Bildbänden. Voraussichtlich im Dezember erscheint einer über einen berühmten Sohn dieser Stadt - Johannes Rau.

Ob als Oberbürgermeister, Landtagsabgeordneter, Ministerpräsident oder schließlich auch als Bundespräsident: Kurt Keil war immer dann zur Stelle, wenn Johannes Rau einen seiner vielen Presse-Termine in der Schwebebahnstadt zu absolvieren hatte.

"500 bis 600 WZ-Termine sind da schon zusammengekommen", erinnert sich der (noch) 67-Jährige. "Manchmal waren es zwei oder drei am Tag - da kennt man sich." Das Spektrum reichte vom Staatsempfang bis zur Jubilarehrung, "und es war gerade das vermeintliche Kleinzeug, bei dem die besten Aufnahmen entstanden." Dabei teilte Keil immer wieder das Schicksal aller Pressefotografen: "Der größte Teil der Zeit ging mit Warten drauf." Warten auf den offiziellen Händedruck, Warten auf die obligatorische Rede und Warten auf das unvermeidliche Gruppenfoto.

Seine Wartezeiten hat Keil immer wieder dazu genutzt, um inoffiziell auf den Auslöser zu drücken - und Momentaufnahmen auf Film zu bannen. "Johannes Rau hatte früher oft seine Familie dabei und seine Kinder auf dem Arm." Und es sollen gerade Fotos dieser Art sein, die neben Klassikern als Auswahl den Weg in den Bildband finden.

Gerne erinnert sich Keil an jenen WZ-Termin zurück, als es mal darum ging, die älteste NRW-Bürgerin - natürlich eine Wuppertalerin - gemeinsam mit dem Landesvater abzulichten. Keil kam angesichts einer Terminkollision allerdings zu spät und traf auf Rau mit seinen Leibwächtern, als diese schon wieder zur Rückfahrt aufbrachen und das große Fotografenaufgebot bereits verschwunden war.

Rau habe nicht lange gezögert, um Keil aus der fotografischen Patsche zu helfen. "Wir sind dann noch einmal zurück zur Jubilarin und haben ganz in Ruhe das Foto gemacht."

Mit Raus Leibwächtern war Keil bestens bekannt, und seit 1970 war der WZ-Fotograf immer wieder auf Raus legendären Geburtstagsfeiern. Als es an ihm war, seinen Abschied zu feiern, lud Kurt Keil den ehemaligen Bundespräsidenten persönlich ein - und bekam eine schriftliche Absage. Rau war zu dieser Zeit bereits schwer krank.

Von Raus Tod erfuhr der WZ-Fotograf in den Nachrichten. "Das hat mich sehr getroffen", erinnert er sich. "Von allen Prominenten war Johannes Rau die Person, die ich am längsten mit meiner Kamera begleitet habe." Raus Grab in Berlin hat Kurt Keil natürlich besucht und die vergangenen Monate daheim oft am Negativ-Scanner verbracht, um alte Aufnahmen zu retten: Immer wieder im Zeitdruck, lagen die Bildabzüge manchmal nicht lange genug im Fixierbad, um auf Dauer konserviert zu sein. Auch diesen Wettlauf gegen die Zeit hat der Mann mit der Kamera gewonnen. Die Dunkelkammer muss warten - "und das hoffentlich noch eine ganze Weile".