Wuppertal Obdachlose: Schwieriger Kampf gegen die Kälte

Wer keine Wohnung hat, leidet derzeit besonders. Die WZ hat einige Menschen gesprochen, die auf der Straße leben.

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Wuppertal. Wie ist das Leben draußen bei diesem Wetter? „Ist schon verdammt schwierig, “, sagt Josef (45). Noch schlimmer findet es Pawel (51): „Eine Katastrophe!“ sagt er.

Er ist dick angezogen, steht mit anderen Männern an der Schwebebahn-Haltestelle Döppersberg. Und sagt nicht viel mehr. Ihm geht es nicht gut, das ist ihm anzusehen: Er hat die Kapuze über den Kopf gezogen, blickt kaum auf. Tiefe Ringe hat er unter den Augen. Das hat vielleicht mit der Operation am Knie zu tun, die schief gegangen sei. Sein rechtes Knie ist geschwollen, er kann es nicht mehr strecken.

Er sei bis vor einigen Monaten im Gefängnis gewesen, danach habe er keine Wohnung mehr gefunden, so viel sagt er noch. Jetzt habe man auch sein Geld einbehalten. Seine Begleiter empören sich: Warum helfe keiner? „Man hat ihn fallenlassen, wie einen Apfel!“ Einer hat ihm eine dicke Lederjacke geschenkt, die trägt Pawel jetzt als oberstes, drunter ist noch eine Jacke zu sehen. Wo er schläft? „Mal da und mal da“, ist die müde Antwort. Auch draußen? Er nickt. Wie und wo, das will er nicht sagen.

Ihre Wohnung verloren haben auch Claudia (29) und Damian (33). Der jungen Frau mit blondem Pferdeschwanz sieht man nicht an, dass sie kein Zuhause hat. Sie schildert, dass sie Probleme mit ihrem Aufenthaltsstatus bekommen habe. Als gebürtige Polin lebe sie schon 25 Jahre in Wuppertal. Eine fehlende Meldebescheinigung und eine Haftstrafe hätten dazu geführt, dass ihr dauerhafter Status verloren ging. Jetzt bekomme sie kein Geld mehr, allein von Damians Unterstützung hätten sie die Wohnung nicht mehr finanzieren können und seien rausgeflogen. Sie schlafen jetzt „mal hier mal da, auch schon mal auf einem Spielplatz“, sagt Claudia.“ Auch mal in der Notschlafstelle. Wie sie sich warm hält? „Ich bewege mich halt“, erklärt sie. „Ab und zu gehe ich ins Café oder in die City-Arkaden.“

Das berichtet auch Josef: „Ich suche mir dann einen Platz zum Aufwärmen.“ Er geht ebenfalls in Einkaufszentren und große Geschäfte, um Wärme zu tanken. Besonders dick angezogen ist er nicht: „Hose, T-Shirt. Pulli, Jacke“, zählt er auf. Lange Unterhosen? Nein. Wie er das aushält? „Tja, Übung“, sagt er knapp.

Gerade hat er sich in einem Selbstbedienungscafé einen Kaffee gezogen — und trinkt ihn trotz Minusgraden auf der Terrasse. „Ich bin halt Raucher, starker Raucher“, sagt er und dreht sich mit geröteten Fingern und brüchigen Fingernägeln eine Zigarette. Die Pause genieße er. Sonst ist er unterwegs, um die Straßenzeitung Fifty Fifty zu verkaufen, sein Stammplatz ist an der Sparda-Bank. Derzeit laufe das Geschäft schlecht, die besten Monate seien Oktober, November, Dezember, sagt er. Wohl wegen Weihnachten.

Die Nächte verbringt er nicht draußen, sondern geht in eine Notschlafstelle. „Das kann man ab 18 Uhr hin, kriegt einen Schlafplatz und warmes Essen“, erklärt er. Außerdem könne man dort duschen. Auch seine Sachen könne er dort einschließen.

Für das Leben auf der Straße habe er sich vor einem Jahr selbst entschieden, erklärt er. Er leidet seit zwanzig Jahren an paranoider Schizophrenie. Er verlor seine Wohnung, „weil ich zuviel Theater gemacht habe. Ich habe Sachen aus dem Fenster geworfen.“ Das war während eines Krankheitsschubs. Er war eine Weile im Tannenhof, danach sollte er einen Platz im betreuten Wohnen erhalten. „Aber ich wollte meine Freiheit, meine Selbstständigkeit behalten.“

Auf der Straße habe er „gute Erfahrungen gesammelt. Die Leute sind sehr freundlich und spenden viel“, sagt er. „Ich bin auch beliebt bei den Leuten“, ist er überzeugt. „Mit den meisten unterhalte ich mich.“ Die Stadt und die Caritas hülfen auch. Er suche nach einer Wohnung. Am liebsten mit Balkon und einer Badewanne. Denn ein Bad nehmen - „das würde ich gern mal wieder.“ Gerade hat er wieder eine Wohnung in Aussicht. „Vielleicht klappt das ja.“