Offen gesagt Intrigantenstadel Wuppertaler CDU
Meinung | Wuppertal · Für Schwäche gibt es eigentlich keinen richtigen Zeitpunkt. Sie ist immer ungünstig, weil sie den Geschwächten zwingt, das Heft des Handelns abzugeben. Das ist grundsätzlich immer schlecht. In manchen Phasen ist es aber noch schlechter, vor allem für Parteien.
Jetzt ist so eine Phase, und Wuppertals CDU ist in ihrer vielleicht größten Krise. Nicht nur, dass sämtliche Personalentscheidungen der vergangenen Monate im Grunde gescheitert sind. Nun entwickeln sich die einst honorigen Christdemokraten auch noch zu Skandalnudeln der Saison. Es ist schon ungewöhnlich, dass ein Kreisverband in die Geschicke eines Bezirksverbandes eingreifen muss, weil dort der eine des anderen Teufel geworden ist. Dass dann ein Schlichtungsgespräch heimlich aufgezeichnet wird, um es danach digital zu verbreiten, schlägt dem Fass den Boden aus. Die Reaktion des amtierenden Notvorstandes, Strafanzeige gegen Unbekannt zu erstatten, ist richtig und angemessen. Das rettet die CDU aber nicht. Sie muss sich fragen, was in die Partei gefahren ist, dass sie nicht einmal mehr eine gute Handvoll Mitglieder zusammenbringen kann, die hinter verschlossenen Türen vertraulich miteinander sprechen, sich auf Verhaltensweisen einigen und diese im Sinne eines erfolgreichen Kommunalwahlkampfes auch befolgen. Die Damen und Herren saßen noch beieinander, da hatte einer der Teilnehmer schon beschlossen, den Friedensgipfel ad absurdum zu führen.
Es ist berechenbar, dass sich die politischen Mitbewerber in Wuppertal vor Lachen auf die Schenkel schlugen, als der Skandal ruchbar geworden ist. Für ein, zwei Augenblicke sei das auch gestattet. Aber spätestens danach sollte Mitleid einsetzen, Mitleid mit der CDU und Mitleid mit sich selbst. Denn die Christdemokraten erweisen mit ihrem peinlichen Provinztheater nicht nur sich selbst einen Bärendienst, sie schädigen auch die anderen seriösen Parteien. Wer sich diesen Intrigantenstadel einmal genauer angeschaut hat, der verliert den Glauben an Kommunalpolitik und Stadtparlamente. Und das ist der eigentliche Schaden, den Wuppertals CDU mit ihrer amateurhaften Selbstbespiegelung anrichtet. Es ist jetzt eine Zeit, in der sich die Kräfteverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland womöglich neu sortieren. Es ist eine Zeit, in der das föderale System auf dem Prüfstand steht und die vielleicht dazu führt, dass der kommunalen Ebene endlich die Bedeutung beigemessen wird, die sie braucht, um das Alltagsleben von mehr als 80 Millionen Deutschen zu organisieren. In solchen Zeiten braucht es in den seriösen Parteien in Städten und Gemeinden professionelle Gesprächspartner. Sie müssen in der Lage sein, ihre berechtigten Forderungen sachlich, fachlich und professionell gegenüber den übergeordneten Ebenen zu vertreten. Die CDU Wuppertals scheint dazu derzeit nicht in der Lage zu sein. Sie ist auch nicht in einem Zustand, in dem sie irgendwer noch ernst nehmen müsste. Das ist insofern nachteilig, als die Partei im Land den Ministerpräsidenten und den Seniorpartner der Regierung stellt. Es ist umso schlechter, als die Wuppertaler CDU noch nicht einmal im Stande gewesen ist, einen der ihren per Wahl in den Landtag zu entsenden. Dort wird die siebtgrößte Stadt NRWs neben Marcel Hafke von der FDP lediglich von drei SPD-Abgeordneten vertreten, die als Teil der Opposition allerdings auch nicht viel zu bestellen haben.
Nun wird der Föderalismus weder in Wuppertal beerdigt, noch wird er hier gerettet. Aber eine Stadt von der Bedeutung und der Größe Wuppertals sollte zumindest in NRW schon vernehmbar mitreden können, wenn es um die künftige Koexistenz von Bund, Ländern und Gemeinden geht. Es sieht derzeit allerdings so aus, als sollte die Stadt, für die einst Schwergewichte wie Rudolf Dreßler und Wilfried Penner (beide SPD), Hans-Dietrich Genscher (FDP) und sicher nicht zuletzt der Christdemokrat Peter Hintze gewirkt haben, zu all dem nicht gehört werden. Die CDU hat Wuppertal die Sprache verschlagen.