Wuppertal Wuppertaler SV ist führungslos: Vorstände Stücker und Bölstler und Verwaltungsratschef Lenz treten zurück

Wuppertal · Die Vorstandskrise beim Wuppertaler SV weitet sich aus. Nun haben Vorstandssprecher und Sportvorstand ihren Rücktritt erklärt.

Manuel Bölstler (l.) und Lothar Stücker.Foto: Otto Krschak

Foto: Otto Krschak

Verwaltungsratschef Thomas Lenz ist ebenfalls zurückgetreten. Dr. Jürgen Hoß wurde am Montag als neuer Verwaltungsratschef gewählt. Nach dem Rücktritt von Stücker und Bölstler trat er am Dienstag aber wieder von diesem Posten zurück und schied aus dem Verwaltungsrat aus. Bölstler will Sportdirektor bleiben.

Nun ist sie da, die Führungskrise beim Fußball-Regionalligisten Wuppertaler SV. Am Dienstagmorgen haben Vorstandssprecher Lothar Stücker und Sportvorstand Manuel Bölstler ihren Rücktritt erklärt. Der nun nur noch einköpfige Vorstand ist damit nicht mehr handlungsfähig zumal Marketingvorstand und Geschäftsstellenleiterin Maria Nitzsche derzeit krankgeschrieben ist. Bölstlers Posten als hauptamtlicher Sportdirektor ist laut Lothar Stücker von dessen Rücktritt als Vorstand nicht betroffen. Bölstler meldete sich am frühen Nachmittag mit einer Stellungnahme aus seinem einwöchigen Urlaub in Portugal.

Klar ist, dass laut Vereinssatzung der Verwaltungsrat nun in der operativen Verantwortung ist. Und der ist ebenfalls auseinander gebrochen. Verwaltungsratschef Thomas Lenz hat am Montagsabend bei einer Verwaltungsratssitzung ebenfalls seinen Rücktritt erklärt, nachdem das Gremium mehrheitlich abgelehnt hatte, Maria Nitzsche von ihrem Vorstandsposten zu entbinden. Mit Lenz erklärten Anja Jentjens, Bernd Gläßel, Marcus Harzen und Martin Bang ihren Rücktritt. Die verbliebenen sieben Mitglieder wählten Dr. Jürgen Hoß zum neuen Verwaltungsratsvorsitzenden und Tobias Wicht zu dessen Stellvertreter. Zum Gremium gehören nun noch Frank Niederhoff, Stefan Schey, Jörg Rönisch Jens Thelen und Carsten Engmann.

„Ich mache das nur, um die Karre nicht völlig vor die Wand fahren zu lassen und muss mir erst einmal einen Überblick verschaffen", sagte Hoß in einer ersten Stellungnahme. Doch am Dienstag trat er von dem Posten wieder zurück und legte auch sein Amt als Verwaltungsrat nieder. „Ich wollte als Verwaltungsratsvorsitzender zur Beruhigung der Situation im Verein bis zur Jahreshauptversammlung beitragen und hätte das Gespräch mit Lothar Stücker und Manuel Bölstler gesucht. Das war mein Ansatz. Nachdem ich am Dienstag von den Rücktritten erfahren habe, sehr ich aber dazu keine Möglichkeit mehr“, sagte Dr. Jürgen Hoß gegenüber unserer Zeitung.
Der Mediziner ist über das Förderteam des WSV als finanzieller Unterstützer vor zwei Jahren in den Verwaltungsrat gewählt worden. Wenigstens bis zur Jahreshauptversammlung Anfang April wollte er versuchen, einen vernünftigen Übergang zu schaffen. Dann muss der Verwaltungsrat neu gewählt werden, und auch die Suche nach möglichen neuen Vorstandsmitgliedern ist nun vonnöten. Ob sich Dr. Hoß erneut für einen Posten zur Wahl stellt, ließ er offen. Die Vorwürfe gegenüber Maria Nitzsche bewertete er als nicht ausreichend, um eine Trennung zu rechtfertigen. „Das ist nicht der Grund, warum ich den Verwaltungsrat verlasse. Ich sehe aber in zweiter Reihe keine Möglichkeit mehr, entscheidenden Einfluss zu nehmen. Eine Mehrheit im Verwaltungsrat hat gesagt, dass die Informationen und Details, die uns bisher zu Frau Nitzsche gegeben wurden, die Abwahl eines Vorstandsmitglieds nicht begründen", hatte Hoß am Dienstagmorgen unserer Zeitung gesagt.

Ihr wird, wie berichtet, von Stücker, Bölstler und Lenz vorgeworfen, wichtige Informationen nicht an die Vorstandskollegen weitergegeben zu haben. Die Vorwürfe sind offenbar noch weitreichender, auch auf der Geschäftsstelle solle demnach ihr Rückhalt nicht mehr gegeben sein. Dazu wird ihr mangelnde Distanz zu Vereinsmitarbeitern vorgeworfen. In der vergangenen Woche seien auch Spieler angehört worden, heißt es. Kapitän Gaetano Manno erklärte allerdings am Dienstag gegenüber der Westdeutschen Zeitung, dass die Mannschaft insgesamt ein gutes Verhältnis zu Nitzsche habe und er als Kapitän zu eventuellen Vorwürfen nicht gehört worden sei. Auch er zeigt sich betroffen von der Entwicklung und betont: „Jetzt geht es um den Verein.“

Die Vorwürfe gegen Nitzsche waren am Sonntagabend in einem offenen Brief von Thomas Lenz und Lothar Stücker zusammengefasst worden, nachdem sie sich geweigert hatte, zurückzutreten. Doch Lenz konnte mit seiner Argumentation, die er nach eigenen Angaben im Verwaltungsrat konkretisiert und am Montagabend in der dreistündigen Sitzung auch noch einmal mit vorgelesenen schriftlichen Stellungnahmen von Geschäftsstellenmitarbeitern unterlegt hatte, die Mehrheit nicht überzeugen.

„Ich habe auch klar gesagt, dass Lothar Stücker und Manuel Bölstler zurücktreten werden, wenn wir keine klare Entscheidung treffen", so Lenz gegenüber unserer Zeitung. Auch Geschäftsstellenmitarbeiter würden daraufhin gehen, kündigte er an. Er selbst könne das nun nicht mehr mittragen und habe daraus die Konsequenzen gezogen.

Lenz gehört wie Lothar Stücker zu den Männern der ersten Stunde seit WSV 2.0 im Jahr 2013. „Da sind Leute weggebrochen, mit denen ich seit Jahren vertrauensvoll zusammengearbeitet haben", begründete Lothar Stücker unserer Zeitung gegenüber seinen Rücktritt. Nun seien neue Leute im Verwaltungsrat am Zug. Er sei auch weiter bereit, denen im Sinne des WSV zur Verfügung zu stehen, um den Fortgang des Vereins sicherzustellen, aber nicht mehr in Amt und Würden. Stücker war das einzige Vorstandsmitglied, das nach dem Rücktritt von Friedhelm Runge, neben dem er auch schon Vorstand gewesen war, ununterbrochen diesem höchsten ausführenden Gremium angehört hatte. Um ihn herum hatte es mehrere Wechsel im Vorstand gegeben. Manuel Bölstler, der in dieser Woche in Portugal einen lange geplanten Urlaub angetreten hat, übernahm im Zuge des von ihm mitentwickelten Konzepts WSV 2020 vor zwei Jahren Vorstandsverantwortung.

„Ich habe immer versucht, mit einigen wenigen den ganzen Widerständen, die es hier gibt, entgegenzutreten", sagte Stücker. Da auch die nun nicht mehr dabei seien, wolle er das nicht mehr mitmachen, werde aber bei einem möglichst geordneten Übergang selbstverständlich helfen. Dass er als ehemaliger Finanzvorstand für die stetig gewachsenen Verbindlichkeiten hauptverantwortlich gemacht werde, findet er ungerecht. „Kein Mensch hat hier einen Alleingang gemacht. Defizite sind vom ersten Tag an aufgelaufen. Alle Gremien waren informiert."

In der Tat habe es in den vergangenen eineinhalb Jahren deutliche Einbrüche gegeben und man sei im Rahmen des Konzepts 2020 finanziell zu stark in Vorlage getreten. Es habe aber auch immer wieder finanzielle Zusagen gegeben, die dann zurückgezogen wurden.

Manuel Bölstler schrieb aus Portugal, mit dem Amt als Vorstand habe er sich nach ständigen Indiskretionen in den Gremien und weiteren schwerwiegenden Vorkommnissen in den vergangenen Wochen und Tagen nicht mehr identifizieren können.

Maria Nitzsche sagte, sie sei von den Rücktritten „genauso überrollt wie alle.“ Noch am Montagmorgen habe sie eine E-Mail an Stücker, Bölstler und Lenz geschickt, mit dem Vorschlag, die Sache im Sinne des Vereins ohne Schlammschlacht intern zu regeln. Sie habe keine Antwort bekommen. Sie bleibe dabei, dass sie sich nichts habe zu schulden kommen lassen, was ihre Entfernung aus dem Amt rechtfertige. „Das hat ja wohl auch die Mehrheit des Verwaltungsrats so gesehen.“ Aktuell an einen eigenen Rücktritt zu denken, fände sie fatal, auch wenn sie allein handlungsunfähig und auf Unterstützer mehr denn je angewiesen sei. „Bevor ich meinen Dienst in der Geschäftsstelle wieder aufnehme, muss erst geklärt werden: Hat der Verein eine Führung.“ Nun werde sich zeigen auf wen man noch zählen könne - auch auf der Geschäftsstelle.