Wuppertal Presbyter Beucker kandidiert für AfD - „Ein nicht lösbarer Konflikt“
Die Kandidatur von Hartmut Beucker, Presbyter der evangelischen Gemeinde Elberfeld Südstadt, für die Partei AfD hat zu heftigen Diskussionen geführt. Die WZ veröffentlicht einen Auszug eines Gesprächs mit Superintendentin Ilka Federschmidt und Synodalassessor Jochen Denker dazu.
Inwiefern kann die AfD-Kandidatur eines Presbyters dem Ansehen der Evangelischen Kirche schaden?
Ilka Federschmidt: Sie kann der Glaubwürdigkeit der evangelischen Kirche schaden. Presbyter sind die Leitung der Gemeinde. Sie vertreten die Gemeinde auch nach außen, mehr noch: Sie stehen vor Ort ebenfalls für ihre ganze Kirche. Genauso wie die Pfarrer sollen sie sich persönlich und im öffentlichen Leben so verhalten, dass ihr christliches Zeugnis nicht unglaubwürdig wird. Mit der Kandidatur für den Landtag identifiziert sich Herr Dr. Beucker in aller Öffentlichkeit mit der AfD. Wenn diese politische Partei von vielen Menschen in der Kirche und in der Gesellschaft so wahrgenommen wird, dass sie in zentralen Positionen wichtigen Grundzügen der biblischen Botschaft und der Haltung unserer Kirche widerspricht — dann schadet eine Kandidatur.
Gibt es für den Kirchenkreis eine kirchenrechtliche Handhabe gegen die Kandidatur?
Jochen Denker: Grundsätzlich muss und soll eine Gemeinde ihre internen Probleme zunächst selbst klären, im Dialog im Presbyterium und mit Gemeindegliedern. Solche Prozesse sind in der Regel anstrengend und zeitintensiv, aber hilfreich. Eine schnelle Absetzung eines Presbyters oder auch eines Pfarrers gibt es in unserer Evangelischen Kirche - zurecht! - nicht. Es bedarf da immer einer intensiven Auseinandersetzung und Prüfung. Manche würden das vielleicht gerne kurzerhand und radikal lösen. Ob dabei aber wirklich Lösungen herauskommen, ist fraglich.
Federschmidt: Im konkreten Fall gibt es keine kirchenrechtliche Handhabe, solange ein Presbyter persönlich keine rechtsradikalen oder dem christlichen Bekenntnis widersprechende Äußerungen macht. Eine entscheidende Frage ist aber die, ob die Vertrauensbasis im Presbyterium mit Herrn Dr. Beucker noch gegeben ist.
Die AfD ist eine demokratische Partei und nicht verboten. An welcher Stelle wird für Sie der Konflikt zwischen der Partei und der Kirche besonders deutlich?
Denker: Die AfD ist auf dem Papier eine Partei innerhalb des demokratischen Parteienspektrums. Aber im Unterschied zu den meisten anderen Parteien hat sie eine bewusst offengehaltene bzw. nie wirklich geschlossene Flanke zum Nationalismus und Fremdenhass. Sie will die „Wutbürger“ sammeln und steht in Gefahr, der politische Arm der Pegida-Bewegung zu sein. So wird sie öffentlich wahrgenommen. In der Asylpolitik oder der Frage des Umgangs mit nicht heterosexuell veranlagten Menschen hat sie keine gemeinsame Basis mit den Positionen unserer Kirche.
Federschmidt: Die Verbindung von Parteiprogramm und anderen teils rechtsextremen und diskriminierenden mündlichen oder schriftlichen Kommentaren, in medialen Äußerungen, im Netz und bei öffentlichen Auftritten von AfD-Vertretern macht mir Sorgen. Im Parteiprogramm der Bundespartei liest man von „massenhaftem Asylmissbrauch“, von „unaufhaltsamer Besiedelung Europas“, von „irregeleitetem Humanitarismus“… Der Schritt ist dann nicht mehr weit bis zu Rufen, wie Herr Poggenburg (Sachsen-Anhalt) sie provoziert hat: „Hop, hop, hop… Asylantenstop“ oder Aussprüchen von Herrn Höcke (Thüringen) über einen vermeintlich evolutionär bedingten „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstypus“ von Mensch im Unterschied zu einem „europäischen selbstverneinenden Platzhaltertyp“. Das ist rassistische Sprache und Denke und Angstmache vor Überfremdung. Diese Sprache transportiert, so fürchte ich, die ungeschminkte Botschaft der Partei. Selbst die erschütternden Ereignisse des Anschlages in Berlin werden von AfD-Repräsentanten skrupellos benutzt. Gegen die Fakten und bessere Erkenntnis wird von zunehmender Kriminalität durch geflüchtete Menschen und massiver Gefährdung unserer Sicherheit durch sie gesprochen, nur um Ängste zu schüren. Das geht mit unserem Glauben und der Grundhaltung unserer Kirche nicht überein.
Also lässt sich eine AfD-Kandidatur grundsätzlich nicht mit einem kirchlichen Amt vereinbaren und sollte Herr Dr. Beucker folglich sein Amt niederlegen?
Federschmidt: Nach meiner Einschätzung der Partei der AfD sehe ich, dass Herr Dr. Beucker am Ende in einen nicht lösbaren Konflikt zwischen Presbyteramt und Kandidatur für die AfD kommen wird. Wenn er die Auseinandersetzung mit seinem Presbyterium, mit den Sorgen und Problemanzeigen seiner Kirche, ernst nimmt, dann wird er sich am Ende der Auseinandersetzung zwischen Presbyteramt und Kandidatur entscheiden müssen. Und als Evangelische Kirche werden wir die AfD dahingehend weiter wachsam beobachten und analysieren müssen, ob ein Amt in dieser Partei grundsätzlich in offenkundigen Widerspruch zu den Grundlagen unserer Kirche und damit zur Eignung für ein kirchliches Amt gerät.
Das vollständige Interview lesen Sie auf www.evangelisch-wuppertal.de