Wuppertal Presbyter und die AfD: „Christus ist nicht Wertegeber einer Partei“
Nachdem bekannt wurde, dass ein Wuppertaler Presbyter Direktkandidat für die AfD ist, wird in der Kirche diskutiert.
Wie geht Kirche mit dem Thema Rechtspopulismus um? Diese Frage stellt man sich nicht nur im Evangelischen Kirchenkreis Wuppertal, dort aber aus gegebenem Anlass ganz aktuell. Denn Dr. Hartmut Beucker, Presbyter in der Evangelischen Kirchengemeinde Elberfeld-Süd, ist Direktkandidat der AfD für die Landtagswahlen, wie der Internetseite der Partei zu entnehmen ist.
„Das war für mich völlig überraschend“, sagte Wuppertals Superintendentin Ilka Federschmidt am Dienstag im WZ-Gespräch. Sie kenne Beucker zwar, aber es habe für sie keinerlei Anlass zur Vermutung gegeben, dass er eine politische Nähe zur AfD vertrete. „Das ist für mich überhaupt nicht erahnbar gewesen.“ Die Kandidatur habe wohl niemand vermutet: „Das ist für alle eine kolossale Überraschung.“ Federschmidt selbst sei ganz kurzfristig darauf aufmerksam gemacht worden, wie sie sagt — aufgestellt wurden die Kandidaten laut AfD vor sechs Wochen. Anfang Oktober habe „die Wahlversammlung des Kreisverbandes der AfD in Wuppertal ihre Direktkandidaten für die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai 2017 gewählt“, so die Mitteilung der Partei. Für den Wahlkreis 32 sei dies Dr. Hartmut Beucker.
Kurz vor dem vergangenen Wochenende mit der Kreissynode habe sie von dem Sachverhalt Kenntnis erhalten, sagte Federschmidt.
Grundsätzlich sieht die Superintendentin „in dieser Kandidatur einen schwerwiegenden Konflikt mit unserem Glauben und unserer Kirche“. Im WZ-Gespräch am Dienstag kündigte sie an: „Ich werde mit ihm nun das Gespräch suchen und sehen, welche Positionen er persönlich im Rahmen seiner Kandidatur vertritt.“ Und mit ihm zusammen schauen, „ob und was für Unvereinbarkeiten es gibt“.
Abgesehen von dieser einzelnen Personalie sei Rechtspopulismus ein Thema, um das sich Kirche kümmern müsse: Denn auch aus Seelsorger-Kreisen und anderen Bereichen werde berichtet, dass Menschen eine Nähe auch zu Positionen der AfD entwickeln können, wenn sie verunsichert seien, wenn Halt und Standortbestimmung fehlten, so Federschmidt. Sie betonte: „Der Fokus darf nicht auf dem einen Presbyter liegen.“ Es gehe um Rechtspopulismus, um ein Thema, „das wir nicht nur in der Gesellschaft haben, sondern auch in unseren eigenen Reihen“. Das sei ernst zu nehmen. Man müsse auch in den Gemeinden beim Thema aufmerksamer sein, Stimmungen aufgreifen und Themen, die Verunsicherung und Ängste hervorrufen, selbst aktiv angehen, um Alternativen anbieten zu können. „Das haben wir vielleicht unseren eigenen Gemeindegliedern gegenüber ein Stück weit versäumt.“
Zur AfD bezieht die Superintendentin Stellung: „Parteiprogramm wie öffentliche Äußerungen vereinnahmen das Christentum als Teil einer vermeintlich klaren deutschen Leitkultur, Nationalität und Identität und grenzen diese dann insbesondere gegen den Islam und gegen ,nicht echte’ Flüchtlinge ab. Als Christinnen und Christen müssen wir ganz klar bekennen, dass Jesus Christus nicht Helfershelfer einer vermeintlich deutschen Identität und Leitkultur ist.“ Und auch nicht „Wertegeber einer Partei“.
Dr. Hartmut Beucker kann die Aufregung um seine Kandidatur nicht nachvollziehen und zeigte sich am Dienstag gegenüber der WZ enttäuscht darüber, dass nicht mit ihm geredet worden sei. „Viele, auch prominente evangelische Christen mit kirchlichem Amt, betätigen sich gleichzeitig politisch in Parteien“, teilte er am Dienstag in einer schriftlichen Stellungnahme mit. „Die AfD ist weder verboten noch wird sie vom Verfassungsschutz auch nur beobachtet. Das Programm der AfD enthält keine Punkte, die mit dem christlichen Glauben unvereinbar wären, nicht in sozialer Hinsicht noch in anderer.“
Speziell für seine Person sei die Unruhe auch unverständlich: „Ich bin Mitglied der Kirchengemeinde Elberfeld-Südstadt seit meiner Geburt (mit Unterbrechung wg. Studium). Presbyter bin ich seit etwa 2004 und gerade Anfang des Jahres wiedergewählt. Das wäre doch nicht so, wenn es Probleme mit mir oder meiner Haltung zum Glauben gäbe. Parteipolitisch äußere ich mich nicht und werde regelmäßig wiedergewählt. Meine Amtsführung wurde bislang nicht kritisiert. Es ist schäbig, über mich zu reden statt mit mir. Da bin von den Mitchristen enttäuscht, auch wenn ich so etwas erwartet habe. Sollte ich als Presbyter gegen Regeln oder Glaubensinhalte verstoßen haben, erwarte ich ein Verfahren der Kirchenleitung, kein Reden hinter meinem Rücken.“