Bilder erzählen Stadtgeschichte Von Punkern und dem „Weißen Riesen“ - Ein Wuppertaler Brunnen mit turbulenter Geschichte
Wuppertal · An der Alten Freiheit traf sich einst die Punker-Szene und mischte Wuppertal auf. Jugendliche sorgten für den „weißen Riesen“ und irgendwann hatte die Stadt genug.
Dass es einen Brunnen an der Alten Freiheit – also an den City Arkaden – gibt, ist wohl nur noch den älteren Wuppertalern bewusst. Denn Wasser fließt dort aktuell nicht mehr. Vor 50 Jahren sah das ganz anders aus. Ein großes Wasserbecken war beliebter Treffpunkt in der Innenstadt – zu beliebt, fand man schließlich.
Viel Wasserfläche und acht Fontänen hatte der erste Brunnen, der 1968 eingeweiht wurde. 150 000 Mark hatte die Stadt investiert. Im Dunkeln wurden die Wasserspiele angestrahlt. Der Brunnen war optisch attraktiv und auf den Rändern der insgesamt drei Becken ließ man sich gern nieder. WZ-Fotograf Kurt Keil erinnert sich: „Das war Wuppertal prominentester Platz, Treffpunkt aller Wuppertaler.“
Das Wasser reizte aber auch zu übermütigen Aktionen. Kurt Keil berichtet: „1970 und bis 1980 kam dann mehrmals der „Weiße Riese“ zu Besuch: Studenten und Schüler machten sich einen Spaß daraus, nachts oder wann auch immer ein oder zwei Großpakete Weißer Riese, Omo, Ariel, Tandil oder was es sonst noch für Waschmittel gab, in den Brunnen zu schütten. Das Ergebnis war: Der ganze Platz war mit Schaum überzogen.“
In Hauseingängen und Bäumen hätten Seifenblasen gehangen – „ein sommerlich-frühweihnachtliches Bild“. Anfangs hätten Anwohner, Geschäftsleute und Passanten das lustig gefunden, doch je häufiger der „Weiße Riese“ zu Besuch kam, desto weniger.
Und irgendwann wurde der Brunnen auch ein Treffpunkt der Punker. Die tranken und gingen auch Passanten an. Was die Polizei auf den Plan rief. Der Versuch, sie zu vertreiben, führte dazu, dass auch Punker aus anderen Städten nach Wuppertal kamen. Und es schließlich zu richtigen Krawallen mit Polizei-Großeinsatz kam – Vorläufer der berüchtigten „Chaostage“ von Punkern in Hannover und anderen Städten.
Gustav Heyer, langjähriger Pressesprecher der Polizei, erinnert sich: „Das waren alles ganz bunte Personen, manche waren auch ganz lieb.“ Aber einige hätten auch bummelnde Bürger angepöbelt und Pflastersteine in Schaufenster geworfen. „Das hat bei der Bevölkerung schon Bedenken hervorgerufen“, sagt er trocken.
Auf das Wasserbecken folgte der Kugelbrunnen
Wenn sich die Punker jeweils freitags sammelten, hätten sie sich mit zwei bis drei Hundertschaften bereit gehalten. Sie verteilten zahlreiche Platzverweise, mancher wurde mit auf die Wache genommen. Heyer sagt: „Ich denke, am langen Ende hatten wir die Lage im Griff.“ Nach der Jahrtausendwende „ebbte die Welle ab“.
Schon vorher, 1988, wurden die Wasserbecken abgebaut. Man wollte Punkern und der Drogenszene den Treffpunkt nehmen. Stattdessen wurde der Kugelbrunnen auf einer Stufenpyramide errichtet. Dessen Stufen waren keine reizvolle Sitzgelegenheit mehr, denn über sie floss das Wasser herab, das auch die schwere Granitkugel zum Schwimmen brachte. Auch hier gab es Menschen, die sich einen Scherz daraus machten, die Kugeldrehung zu stoppen, indem sie Sand zwischen Kugel und Mulde warfen. Die WZ erlaubte sich 1992 den Aprilscherz, die tonnenschwere Kugel sei gestohlen, zeigte die Fotomontage des leeren Sockels.
2000 musste dann der ganze Brunnen weichen für den Bau der City Arkaden. Sockel und Kugel fanden – ohne Stufenpyramide – ab 2003 einen neuen Standort auf dem Willy-Brandt-Platz.
An den City Arkaden gibt es weiterhin einen Brunnen, der ohne Wasser aber kaum auffällt: Die leicht gebogene Wand an der Treppe neben den City Arkaden könnte ebenso gut als gestaltete Begrenzung der Treppe durchgehen. Schon seit 2008 fließt kein Wasser mehr an ihr hinab. Anfang 2018 regte CDU-Bezirksvertreter Joachim Knorr an, den Brunnen wieder in Betrieb zu nehmen. Die Bezirksvertretung unterstützte das. Aber als klar wurde, dass dafür die gesamte Technik erneuert werden müsste, wurde die Sache auf Eis gelegt.
„Das gehört jetzt zum Gesamtplan für die Poststraße, da lassen wir den Brunnen drin“, sagt Bezirksbürgermeister Hans-Jürgen Vitenius. Der Rat hat am Montag beschlossen, die Planung für die Umgestaltung von Alter Freiheit und Poststraße in Auftrag zu geben. Daran mitarbeiten wird die Immobilien-Standort-Gemeinschaft Poststraße. Die Arbeiten könnten 2021 beginnen.