Rock-Band Rentner rocken das Neviandtstift
Die Bewohner des Neviandtstiftes haben eine Rock-Band gegründet. Gemeinsam zu singen, macht sie glücklich.
Wuppertal. Erwartungsvoll blicken die Bewohner Dirk Groenewold an. Er greif nach seiner Gitarre und nickt aufmunternd in die Runde. „Dann spielen wir jetzt Dabbe Dab. Zwischendurch dürfen alle richtig laut sein“, sagt der 47-Jährige. Dann gibt er den Ton an und in der nächsten Sekunde ist der ganze Raum von Musik erfüllt. Begeistert singen alle mit und bewegen die Rhythmusinstrumente im Takt.
„Das macht Spaß und tut der Seele gut“, sagt Christopher Murphy. Der 68-Jährige spielt die Kalimba und gehört zu den ersten Mitgliedern der Mini-Rock-Band im Neviandtstift. „Die Gemeinschaft ist dabei die Hauptsache und die genießen wir hier alle.“ Die Idee, das Altenheim zu rocken, hatte Karin Stindt. Die 60-Jährige hat früher häufig mit Sozialtherapeut und Band-Chef Dirk Groenewold spontan Musik gemacht. „Weil er so schön Gitarre spielt und ich so gerne singe. Als ehemalige Erzieherin kenne ich alle Lieder.“
Als sich Markus Wilken vor zwei Jahren einen Bass anschaffte, machte er aus dem Duett ein Trio. „Zunächst habe ich Gitarre gespielt, doch der Bass hat mich immer schon fasziniert, weil er der Musik Wärme gibt. Es ist einfach mein Instrument“, berichtet der Bewohner. Wenig später wuchs der Wunsch, die Runde zu vergrößern und eine Band zu gründen. „Anfangs waren wir nur drei bis vier Leute, daher der Name Mini-Rock-Band. Inzwischen sind wir ein paar mehr“, sagt Markus Wilken mit einem breiten Grinsen.
Maxi-Rock-Band wäre treffender, denn bis zu 20 Bewohner versammeln sich jeden Mittwoch zur Probe in der hauseigenen Wäscherei. „Aus unseren Probenräumen im Keller sind wir längst hinaus gewachsen und hier haben wir genügend Platz und die Akustik ist ganz gut“, kommentiert Dirk Groenewold den ungewöhnlichen Treffpunkt.
Verstärkung bekommt er von den beiden Betreuungsassistentinnen Eva Eckl und Suna Cudri. „Die Bewohner blühen hier richtig auf und ich singe auch gerne — nicht schön, aber schön laut“, sagt Suna Cudri lachend. „Wir schauen hier nur in glückliche Gesichter. Die meisten freuen sich jede Woche auf die Probe und sind ganz traurig, wenn sie mal ausfällt“, bestätigt Eva Eckl. Sie ist sichtlich stolz, Teil des Projektes zu sein. „Nach unserem Auftritt beim Sommerfest haben wir sogar Zugabe-Rufe bekommen.“
„Also ich war schon auf besseren Konzerten“, sagt Dagmar Alcantara-Kern mit einem verschmitzten Lächeln. Sie ist zum ersten Mal bei der Probe dabei. „Es macht Spaß, hier mitzumachen, an die Stücke muss ich mich allerdings erst gewöhnen“, sagt die Bewohnerin. Ein Lieblingslied hat Ute Brücher nicht. „Die Musik an sich macht mir Spaß. Früher konnte ich nur pfeifen“, sagt die 58-Jährige. Sie hätte sich nie träumen lassen, mal in einer Band zu spielen. Rhythmus und Gesang sind ihr Part.
Die Cajon fehlt derzeit im Klangteppich der Taktgeber. Seit ein Bewohner verstorben ist, steht der Klangkasten verwaist am Rand. „Wir warten darauf, dass ihn jemand wiederbelebt“, sagt Dirk Groenewold. „Wenn uns jemand verlässt, entsteht eine spürbare Lücke.“ Gleichzeitig ist jedes Neumitglied eine Bereicherung. „Von Klavier über Flöte bis Akkordeon können wir jeden brauchen.“
Von Nena über die Sportfreunde Stiller bis zu Helene Fischer reicht das Repertoire der Mini-Rock-Band. Zwischendurch lässt Dirk Groenewold seine Musiker auch improvisieren. „Einer fängt an und die anderen stimmen ein. Irgendwann klingt das wie komponiert.“ Manchmal entstehen daraus sogar eigene Stücke wie Dabbe Dab oder Sechs gefüllte Berliner. „Der Text stammt ursprünglich von einer Verpackung und wir haben ihn in Musik verpackt“, sagt Dirk Groenewold. Dann greift er wieder nach der Gitarre und spielt den ersten Akkord. Sofort stimmen alle ein und der große Raum ist von Musik erfüllt.