Schäden nach Tunnelbau: Wo sind die Spreng-Protokolle?
Die Bauarbeiten am Burgholztunnel sollen Risse im Haus von Siegfried Krommes verursacht haben. Der Anwohner hat das Land NRW verklagt. Die unendliche Geschichte wird vor Gericht fortgesetzt.
Küllenhahn. Der Kampf von Siegfried Krommes (73) geht weiter. Der Küllenhahner fordert vom Landesbetrieb Straßen NRW Schadensersatz für Schäden an seinem Haus. Die seien durch Sprengungen beim Tunnelbau unter dem Burgholz entstanden. Am Donnerstag wurde der Prozess vor dem Landgericht Wuppertal fortgesetzt. Das Gericht fällte allerdings kein Urteil — die Entscheidung wurde auf den 23. Februar vertagt.
Rückblick: In den Jahren 2002 und 2003 gab der Landesbetrieb Straßen NRW für den Bau der beiden Tunnelröhren 3600 Sprengungen in Auftrag. Siegfried Krommes macht die Erschütterungen für diverse Risse an seinem Haus und Grundstück an der Oberen Rutenbeck verantwortlich — unter anderem in der Fassade, im Fundament, im Garagenboden und im Badezimmer. „Ganze Bäume sind gekippt, meine beiden Teiche abgesackt — einfach alles läuft in Richtung Tal“, sagt Krommes. Er glaubt, dass sich das gesamte Erdreich seines Grundstückes, das ein Gefälle von 16 Metern aufweist, verschoben hat.
Der Gutachter vor Gericht
Nach jahrelangem Streit verklagte er schließlich das Land Nordrhein-Westfalen. Krommes hatte zwar bereits eine Ausgleichszahlung über 1070 Euro erhalten: „Aber die reicht bei weitem nicht aus. Allein für Dachreperaturen habe ich schon mehr als 1000 Euro investiert. Dort war Mörtel gerissen.“
Jetzt ging die unendliche Geschichte wieder vor Gericht. Am Donnerstag wurde ein Sachverständiger gehört. Der sollte klären, ob es sich bei den Rissen um Altschäden handelt, oder ob diese erst durch die Sprengungen entstanden sein könnten — und, wenn Letzteres zutrifft, ob auch nach fast zehn Jahren noch eine Verschlimmerung der Schäden möglich sei.
„Bei einigen Rissen ist es wahrscheinlich, dass die Sprengungen Ursache sind“, sagte der Gutachter, ein Ingenieur aus Wuppertal, fügte aber hinzu: „Ich habe das Haus nicht vor dem Tunnelbau gesehen. Auch ein Sturm könnte für manche Ursache sein.“ Krommes schüttelte mehrmals mit dem Kopf und lachte. Zum zweiten Punkt gab der Ingenieur eine eindeutige Einschätzung ab: „Es ist nicht mehr damit zu rechnen, dass nach dem langen Zeitraum noch Folgeschäden auftreten.“
Als es um die Stärke der Sprengungen ging — laut Gutachten lagen alle im Normbereich — wurde es kurz laut im Saal: „3600 Sprengungen gab es, aber es fehlen 640 Sprengprotokolle. Darunter sind die mit den besonders heftigen Werten“, rief Krommes. „Da kann der Sachverständige nichts für“, versuchte der Richter die Lage zu klären, pflichtete aber bei: „Es ist schon bemerkenswert, dass die Protokolle derart unvollständig sind.“ Der Anwalt der Gegenseite erklärte, dass man es nicht für nötig gehalten hatte, alle Schriftstücke vorzulegen. Wieder ungläubiges Kopfschütteln von Krommes. „Wir versuchen seit Jahren die fehlenden Protokolle zu bekommen“, sagte der Rentner nach Verhandlungsende gegenüber der WZ.
Nachdem der Sachverständige eine gute Stunde befragt wurde, versuchte der Richter einen Vergleich anzuregen: „Das einfachste wäre, wenn beide Seiten die 1017,20 Euro anerkennen würden.“ Dieser Betrag stand bereits beim letzten Prozesstag 2009 zur Debatte, doch Krommes lehnte ab. Auch am Donnerstag blieb er dabei — dieses mal stimmte auch die Vertreterin vom Landesbetrieb Straßen NRW dem Vorschlag nicht zu. Ende offen.