Shell: Bluff mit dem Trinkgeld?

Tankstellen: Ein Rechtsanwalt stellt Strafanzeige. Er sieht die Kunden getäuscht.

Wuppertal. Der Wuppertaler Rechtsanwalt der IG Metall stellt Strafanzeige gegen Shell und einen Wuppertaler Pächter. Der Vorwurf: Betrug, weil Shell die Kunden täusche. Denn der Euro, den die Kunden für den Tankwart als Dank für den Service freiwillig zahlen können, landet nicht als Trinkgeld bei dem Tankwart, sondern bleibt bei den jeweiligen Pächtern. Jeder Außenstehende, den Rechtsanwalt Michael Mühle auf den Service-Euro angesprochen hat, sei aber in dem Glauben, der Euro käme dem Tankwart zugute.

Tatsächlich räumen sowohl die Shell-Pressestelle in Hamburg als auch der Wuppertaler Pächter jedoch unumwunden ein, dass der Service-Euro nicht als Trinkgeld gedacht ist. Cornelia Wolber aus Hamburg stellt klar, dass der Tankwart ein vertraglich vereinbartes Gehalt erhält. An diesem ändere sich nichts, gleich wie häufig die Kunden nach Erhalt der so genannten Kundenzufriedenheitskarte den freiwilligen Service-Euro zahlen. Es könne jedoch sein, so Wolber, dass das Gehalt des Tankwarts auch aus diesem Service-Euro bestritten wird.

Ein Wuppertaler Pächter schreibt in in einem Brief an die IG Metall Wuppertal: "Wieso ich den Euro auszahlen soll, ist mir ein Rätsel." Auch in der Metallbranche werde lediglich der Lohn bezahlt. Ein Argument, mit dem sich Mühle nicht abspeisen lassen will. Denn der Text auf der Kundenzufriedenheitskarte suggeriere, dass der Euro an den Tankwart ginge. "Eine glatte Täuschung", so der Rechtanwalt.

In der Praxis ist es zudem nicht gerne gesehen, wenn Kunden den Euro direkt an den Tankwart aushändigen. Passiert das zu häufig, drängt der Pächter wieder darauf, die vermeintlichen Trinkgelder nach Aushändigen der Zufriedenheitskarte an der Kasse buchen zu lassen. So ist es auch in Wuppertal geschehen.

"Der Tankwart ist ein Marketinginstrument", so der Pächter. Und der Hamburger Zentrale zufolge zahlen 85 Prozent der Kunden den freiwilligen Euro für Service wie Auftanken, Wischen der Frontscheibe oder Kontrolle des Ölstands. Ein Nebeneffekt: Der Verkauf von Motorenöl ist an den Shell-Stationen mit Tankwart um bis zu 30 Prozent gestiegen. Dazu kommt viel Aufklärungsarbeit über den V-Power-Treibstoff.

Shell beschäftigt derzeit an etwa 1000 Tankstellen in Deutschland etwa 2600 Tankwarte - Tendenz steigend. Im vergangenen Jahr wurde der Tankwart-Service eingeführt.

Der Wuppertaler Pächter erklärt, dass er diesen Service natürlich "wirtschaftlich oder zumindest kostenneutral" betreiben wolle. Und das habe zu neuen Arbeitsplätzen und Ausbildungsstellen geführt.