Fehlgeleitete Finanzierung Stadt Wuppertal finanziert Miete für Geflüchtete - doch diese nutzt die Wohnung gar nicht
Wuppertal · Eine aus der Ukraine geflohene Frau sollte bei einer Wuppertaler Familie untergebracht werden. Doch die voll eingerichtete Wohnung bleibt die meiste Zeit leer.
Als der Anruf kam, freuten sich Christa und Reinhard Schulte: Eine Ukrainerin Anfang 50 sollte in der Einliegerwohnung des Ehepaares unterkommen. Über Spendenaufrufe kamen alle möglichen Haushaltsgegenstände zusammen, sodass Christa Schulte, die seit 40 Jahren die 18 Mietwohnungen verwaltet, Mitte Mai von der Ukrainerin den Mietvertrag unterzeichnen ließ.
Die Frau sei mit ihrer Familie gekommen, mit ihrer Schwester, ihrem Schwager und der Nichte. Die Familie lebe nach Angabe von Schultes schon seit 2017 in Wuppertal. „Mir kam die Frau verstört vor, sie hatte wohl noch einige Traumata“, beschreibt die Vermieterin die erste Begegnung. Denn, obwohl das Jobcenter die Miete gleich auf das Konto von Ehepaar Schulte überweist, steht die Ukrainerin selbst im Mietvertrag. Vor dem Einzug habe nur eine Schlafcouch für die Frau gefehlt – alles andere sei in der Wohnung. „Es gibt ein Wohnzimmer, Küche, Diele, Bad und einen Abstellraum“, sagt die Vermieterin. „400 Euro inklusive Nebenkosten“ Dazu seien noch zwei Monatsmieten Kaution überwiesen worden.
Es lief alles so gut“, erklärt das Ehepaar. Zum Juni kam das erste Mal die Miete von der Stadt, doch die Mieterin blieb bei ihrer Familie, die ebenfalls in Wuppertal wohnt. Anfang Juli dann habe die Familie die Couch gebracht, die noch als Schlafgelegenheit fehlte. Als Schulte die Familie sah, habe sie gefragt, warum die Frau nicht in der Wohnung wohnen wollen würde. Es kam zu einem Wortwechsel, die Mieterin habe sich umbringen wollen, ihr ginge es nicht gut. Der Neffe der Mieterin riet der Vermieterin, Eigenbedarf anzumelden, weil das die einzige Möglichkeit sei, die Mieterin aus der Wohnung zu bekommen.
Noch immer suchen geflüchtete Menschen Wohnungen
„Wir vermieten seit 40 Jahren und hatten noch nie so ein Theater“, sagt Schulte. Ihr Mann Reinhard habe die Wohnungen immer renoviert, Christa Schulte kümmere sich um die Vermietungen. „Drei Viertel der Leute, denen ich das erzähle, sagen, es sei doch alles super so: Die Miete kommt, aber es entstehen keine Schäden“, sagt Schulte. Sie findet das aber nicht richtig, schließlich gebe es viele Menschen, die eine Wohnung bräuchten. „Wenn die Wohnung frei wäre, wäre die morgen weg“, findet auch ihr Mann. Schade sei außerdem, dass es auch viele schöne Geschichten in Zusammenhang mit der Ukraine-Hilfe gebe, auf die somit ein Schatten falle.
„Ich bin so enttäuscht, weil das Geld ist, das wir als Steuerzahler zahlen“, sagt die Vermieterin. „Ich wäre einverstanden gewesen, die Wohnung sofort zu kündigen – aber jetzt müssten wir auf Eigenbedarf klagen – und das wäre ja gelogen.“ Das Ehepaar wolle nun abwarten. Schultes fürchten, auf dem Mietvertrag sitzen bleiben zu müssen. Die Mietzahlungen gingen Monat für Monat regelmäßig ein, ärgerlich sei eben, dass es Steuergelder seien und dass Wohnraum ohnehin knapp sei.
Außerdem, dies bestätigte auch Dagmar Wisniewski-Piqué, die den Fachbereich Zuwanderung und Integration der Stadt leitet, suchen immer noch Geflüchtete aus der Ukraine wie auch aus anderen Ländern eine Wohnung. „Das Wohnungsangebot ist zurückgegangen.“ Dies liege daran, dass manche Wohnungen nicht geeignet seien, manche seien sie zu teuer, anderen fehlten technische Voraussetzungen. „Die Nachfrage ist nach wie vor hoch“, erklärt Wisniewski-Piqué. In den Unterkünften befänden sich zurzeit etwa 1000 Personen, darunter etwa die Hälfte aus der Ukraine. „Wir versuchen, die Menschen schnell in einen Wohnraum zu bekommen.“ Ein Team der Stadt besichtige die Wohnungen, damit das Gebäudemanagement Wuppertal im nächsten Schritt die Verträge abschließen kann. An dieser „Riesenbaustelle“ stelle die Stadt die bestmögliche Begleitung bereit, denn: „Wuppertal ist Heimat für viele Geflüchtete.“