Wuppertal Stadtbibliotheken: Direktorin studiert Lesetrends
Ute Scharmann leitet seit 26 Jahren die Stadtbibliotheken und hat deren Entwicklung geprägt. Im Frühjahr geht sie in den Ruhestand.
Wuppertal. In der Zentralbibliothek in Elberfeld kennt sie jeden Winkel. Sie hat als Einzige den Schlüssel zum Raum mit den seltenen Büchern aus dem 15. Jahrhundert und ist die Chefin von insgesamt 80 Mitarbeitern aller städtischen Büchereien. Seit 26 Jahren ist Ute Scharmann die Stadtbibliotheks-Direktorin. Im nächsten Frühjahr geht sie in den Ruhestand.
Über sich selbst möchte die Direktorin nicht gern sprechen. Über ihren bevorstehenden Ruhestand erst recht nicht. Dabei ist ihr Abschied kein Geheimnis, denn die Stadt sucht gerade einen Nachfolger für die studierte Pädagogin, die über ein Praktikum zum Bibliothekswesen kam.
Augsburg, Hamburg und Düsseldorf waren einige Stationen von Ute Scharmann, bevor sie im Dezember 1990 nach Wuppertal kam und die Leitung der Stadtbibliotheken übernahm. „Damals hatten wir bei der Ausleihe der Kinderbücher rückläufige Zahlen“, berichtet die Direktorin. Zehn Prozent weniger seien pro Jahr zu verzeichnen gewesen.
Leseförderung scheint ihr besonders am Herzen zu liegen, auch wenn sie das nicht sagen will: „Dann hört sich das an, als benachteiligten wir andere Bereiche.“ Doch das Thema, Kinder an das Lesen heranzuführen und Jugendliche bei der Stange — oder in diesem Fall — am Buch zu halten, hat für die bescheiden wirkende Leiterin eine große Bedeutung. „Unsere Ausleihzahlen sind inzwischen seit Jahren konstant gut. Aber das ist harte Arbeit“, sagt sie. Denn Familien kämen nicht automatisch in die Büchereien. Sie müssten gezielt angesprochen werden. „Wir haben schon in den 1990er Jahren angefangen, auf Schulen zuzugehen“, erinnert sich Scharmann. „Ziel sollte es sein, dass jedes Grundschulkind mindestens einmal in der Stadtbibliothek war.“ Später seien Kindergärten und Kinderärzte dazugekommen.
Viel habe sich in den vergangenen 26 Jahren in den Wuppertaler Bibliotheken getan. „Früher gab es einen Computer im ganzen Haus. Heute kommt man ohne Computer gar nicht mehr zurecht“, sagt Ute Scharmann. Neue Medien spielen eine wichtige Rolle im Bibliothekswesen.
Daher gehört es zu den Aufgaben der Direktorin, Trends im Blick zu behalten und zu überlegen, wer was wie und wo umsetzen kann. Also muss sie die Räume und das Personal aller zehn Stadtteilbibliotheken genau kennen.
Im denkmalgeschützten Gebäude an der Kolpingstraße, in dem die Direktorin im Dachgeschoss ihr Büro hat, kennt Ute Scharmann jedes Zimmer. Besonders angetan hat es ihr in der Zentralbibliothek „der Antagonismus der Räume“. Während im Armin T. Wegner-Zimmer historische Möbel und alte Bücher stehen und es sehr ruhig ist, geht es nebenan in der modernen Kinderbibliothek meist lebhaft zu. „Als ich an meinem ersten Arbeitstag ins Armin T. Wegner-Zimmer gekommen bin, dachte ich, ich sei in einer anderen Welt“, sagt Scharmann mit einem Schmunzeln.
Bei einem Rundgang durch das Haus kann die Direktorin zu jedem Raum, jeder Kammer eine Geschichte erzählen. Wie die vom Magazin, das 1991 einzustürzen drohte, oder vom „Starraum“, dem alten Lesesaal, in dem ein lange verliehenes Stehpult Platz gefunden hat.
Ganz zum Schluss gibt es doch noch ein kleines persönliches und etwas ungewöhnliches Statement der Bücherei-Chefin. Sie lese schon immer sehr gern Romane, „aber in den vergangenen zwei Jahren nur noch per E-Reader.“