Das traurige Geständnis des Schmitteborn-Schlägers

Am Montag versuchte der Angeklagte (31) dem Gericht zu erklären, warum er einen Menschen auf dem Gewissen hat.

Wuppertal. Schwarzes T-Shirt, blaue Jeans, ein pflegeleichter Kurzhaarschnitt. Brav, mit seinen 31 Jahren fast ein bisschen jungenhaft - so wirkt Vladimir L., als er um 9.10 Uhr auf der Anklagebank Platz nimmt. Doch laut Anklage hat dieser Mann ein Menschenleben auf dem Gewissen.

Am 19.Januar des vergangenen Jahres, stellte V. seinen sechs Jahre älteren Landsmann Viktor G. zur Rede. G. soll immer wieder mit dem Bruder von L. Zechgelage gefeiert haben. Wahlweise auf dem Rott oder in einem der verschrieenen Hochhäuser am Schmitteborn in Langerfeld.

Vladimir L.hört sich die Anklage an. Dann legt er ein Geständnis ab. Sein Verteidiger Oliver Doelfs liest eine entsprechende Erklärung vor. Alkoholismus zieht sich wie ein roter Faden durch den Vortrag. Zur Tat selbst macht Vladimir L. wenig Angaben. Dafür umso mehr zur angeblichen Trinker-Vorgeschichte seines Bruders.

Der dreieinhalb Jahre ältere Iwan war offenbar Schwerstalkoholiker. Mehrere Entgiftungen soll der zweifache Familienvater in der Suchtklinik Langenberg hinter sich gebracht haben. Ohne Erfolg. Stattdessen tat sich Iwan - zweifacher Familienvater - immer wieder mit jenem Viktor G.zusammen und trank.

Auch Vladimir L. griff zur Flasche, aber immer erst nachdem er seine Verpflichtungen erledigt hatte, wie er vor Gericht sagt. An jenem Januartag 2007 habe er dann wieder einen Anruf bekommen. Die Schwägerin berichtete, dass Iwan in seiner Wohnung am Schmitteborn wieder Wodka trank.

Ein Rückfall, weniger Tage nach dem jüngsten Klinikaufenthalt. Auch jener Vikor G.war wohl dabei. So fuhr Vladimir vom Rott in die berüchtigte Hochhaussiedlung. Erst soll er dort seinen Bruder verprügelt haben. Dann ging er ein Haus weiter, verschaffte sich Zutritt zur Wohnung von Iwans angeblichem Zechkumpan und verprügelte ihn. Der Mann erlitt unter anderem einen Leberriss und mehrere Rippenbrüche. Er starb an inneren Blutungen.

"Wenn ich könnte, würde ich es rückgängig machen", lässt Vladimir L. von der Dolmetscherin übersetzen.

Es ist eine traurige Geschichte. Bruder Iwan starb Ende 2007. Offenbar an den Folgen seines Alkoholismus. Vladimir konnte ihm nicht mehr helfen. Er sitzt jetzt auf der Anklagebank, weil er ein Menschenleben auf dem Gewissen hat.

Eigentlich hat er sein Leben im Griff. Schon im März 2007 wurde er gegen strenge Meldeauflagen und eine 5000-Euro-Kaution von der U-Haft verschont. Er hat einen festen Job, ist als Handwerker bei einer Wuppertaler Firma beschäftigt. Warum er damals am Schmitteborn prügelte? Er kann es nicht beantworten, sagt, er erinnere sich nicht, er habe auch viel getrunken an jenem Tag.

Die Gutachterin fragt, wie es sein kann, dass ein Betrunkener einen anderen Betrunkenen verprügelt, weil er sauer über dessen Trinkgewohnheiten ist. Vladimir L. kann keine plausible Antwort geben. Er sagt: Das war der Fehler meines Lebens." Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.