Ein Besuch in „Köbners Kirche“
1852 entstand die erste Baptistengemeinde in Wuppertal. Seit 1856 hat sie auch ihre eigene Kirche.
Unterbarmen. Der Stil ist schlicht, doch das Gebäude an der Wartburgstraße fällt trotzdem auf. 1852 wurde die erste Baptistengemeinde in NRW von Julius Köbner gegründet, seit 1856 hat sie ihre Heimat in „Köbners Kirche“, wie die Kapelle seit gut 13 Jahren der Einfachheit halber genannt wird.
Die Schlichtheit des unter Denkmalschutz stehenden neugotischen Baus, der einst Eben-Ezer-Kapelle hieß, spiegelt sich in der Philosophie der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde wider. Auch das einfache Erscheinungsbild der in hellem Holz gehaltenen Inneneinrichtung soll die Konzentration auf die christlichen Inhalte lenken.
Etwa 90 Prozent der rund 87 000 Mitglieder in 860 Gemeinden, deren Oberorganisation der Bund Evangel-isch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) ist, sind Baptisten, die Übrigen sind Angehörige der Brüderbewegung. „Inhaltlich begründen wir uns auf das Evangelium. Rechtlich sind wir autark und finanzieren uns aus freiwilligen Beiträgen der Gemeindemitglieder und aus Spenden von Freundeskreisen“, beschreibt Gemeindeleiterin Karin Weishaupt die Unterschiede zur konfessionellen Kirche.
Grundprinzip sei außerdem, die Menschen dann zu taufen, wenn sie an Jesus Christus glauben. Daher werde die Kindertaufe nicht praktiziert. In den Anfängen wurden die Menschen in der nahe gelegenen Wupper getauft. „Heute steigt man in das Taufbecken in der Kapelle, in dem man bis zur Hüfte im Wasser steht, und wird untergetaucht. Das ist eine sehr starke symbolische Handlung“, sagt Weishaupt.
Die Gemeindeversammlung, die in der Wartburgstraße aus zurzeit 113 Mitgliedern besteht, wählt aus ihrer Mitte eine sechsköpfige Gemeindeleitung für vier Jahre, wobei nach zweijähriger „Amtsperiode“ drei Personen zur Wahl stehen. „Seit zwei Jahren können wir aus finanziellen Gründen keinen Pastor mehr stellen, doch in unserer Gemeinde hat jeder die Möglichkeit alle geistlichen Ämter, wie etwa Predigt, Abendmahl oder Taufe auszuführen“, berichtet Weishaupt.
„Wer zu uns kommt und sich entscheidet, dazuzugehören, bringt sich im Rahmen seiner Möglichkeiten ein. Die Gemeindemitglieder entscheiden und die Gemeindeleitung ist das ausführende Organ“, so Weishaupt.
Neu in diesem Jahr ist die „Thomasmesse“, die Ende der 1980er Jahre in Finnland entwickelt wurde. Eingebettet in einen kurzen Teil mit Liedern, Gebeten und Segen können interessierte Christen, die vielleicht noch suchen und zweifeln, ein 40-minütiges Programm erleben, etwa im Raum der Stille, beim gemeinsamen Singen oder bei künstlerischer Betätigung.
In Köbners Café, das seit neun Jahren im Kirchenuntergeschoss als Kulturcafé fungiert, finden beispielsweise regelmäßige Veranstaltungen, etwa Lesungen, Sachvorträge oder Theateraufführungen statt. „Wir verstehen das als kommunikatives Angebot nicht nur für Gemeindemitglieder“, sagen Weishaupt und Gemeindemitglied Ulrich Jöster, der unter anderem am Gepa-Stand in der Kirche fair gehandelte Waren vertreibt, auf neue Gesichter.