Eine Giftgrube wird zur Grünfläche
Weil die Stadt Schadstoffe aus den 19. Jahrhundert beseitigen muss, entsteht an der Schwebebahn eine Grünfläche.
Barmen. Als 1848 an der Wartburgstraße in Barmen eines der ersten Gaskraftwerke Europas errichtet wurde, war das Wort Umweltschutz noch unbekannt. Dementsprechend unbekümmert gingen die Arbeiter und Verantwortlichen mit den giftigen Nebenprodukten um, die bei der Gasgewinnung entstehen. Über 150 Jahre später muss die Stadt die Folgen beseitigen — und der Steuerzahler dafür aufkommen.
Bis 1911 wurde an der Wartburgstraße 55 Jahre lang direkt neben der Wupper Gas abgebaut. Dabei entstehen Cyanide, Benzol und Teer auf Kohlebasis: für den Menschen teilweise extrem giftige Substanzen. Trotzdem wurden die Abfälle einfach vergraben.
Darauf wurde das Umweltressort aufmerksam, als es in den 80er Jahren ein Kataster anlegte, in das potenzielle Gefahrengebiete aufgenommen werden. Mehr als 20.000 Verdachtsfälle haben die Mitarbeiter des Ressorts bisher untersucht. Nur in Wuppertal mussten etwa 7000 Flächen in das Gefahrenkataster aufgenommen werden. „Das ist eine Aufgabe für Generationen, diese Liste abzuarbeiten“, sagt Ansgar Toennes, Leiter des Ressorts Umweltschutz.
Seit Beginn der 90er Jahre widmet sich die Stadt dieser Mammutaufgabe. Die zu sanierenden Flächen werden dabei nach Gefahrenlage abgearbeitet. Seit April auch der 2760 Quadratmeter große Standort des ehemaligen Gaskraftwerks an der Wartburgstraße, wo Gefahr droht, dass Schadstoffe ins Grundwasser dringen. Dort werden bis zur Beendigung der Baustelle im September insgesamt 20.000 Tonnen — etwa 800 Lkw-Ladungen — verunreinigter Boden abtransportiert und durch saubere Erde ersetzt. Der belastete Boden wird noch an der Wartburgstraße in verschiedene Gefahrenklassen sortiert und in verschiedene Deponien abtransportiert.
Kompliziert wird der eigentlich routinemäßige Bodentausch durch die Nähe zur Schwebebahn: Weil drei Fundamente der Stützen des Schwebebahngerüstes direkt im Baugebiet liegen, müssen sie durch zehn Meter tiefe, mit Stahlbeton gefüllte Bohrlöcher gestützt werden.
Die Gesamtkosten von 2,1 Millionen Euro erhöhen sich durch die Gerüstsicherung nur marginal. In Abstimmung mit den Stadtwerken ist die Schadstoffbeseitigung so geplant worden, dass der Schwebebahnverkehr nicht eingeschränkt werden muss.
Die Anwohner haben — abgesehen vom Lärm, den die Baustelle verursacht — nichts zu befürchten. Drei mal täglich werden Messungen durchgeführt, welche die Schadstoffbelastung kontrollieren. Georg Schmitz, Projektleiter der Schadstoffbeseitigung: „Wenn es bei Sonnenschein mal streng riecht, ist damit keine Gesundheitsgefährdung verbunden: Unsere Nase ist empfindlicher, als alle Messgeräte.“