Gemarke: Ein Kraftakt für den Kirchturm
Barmen: In zwei Jahren Bauzeit hat die Gemeinde den Turm der Gemarker Kirche saniert. Die Baukosten sprengten alle Erwartungen.
Wuppertal. "Soll das Werk den Meister loben, doch der Segen kommt von oben."Friedrich Schillers Gedicht verkehrte sich ins Gegenteil, als vor dreiJahren vom Turm der Gemarker Kirche herab ein scharfkantiger,handtellergroßer Stein sauste. Die Gemeinde verwahrt das Stück, dasgroßes Unheil hätte anrichten können, in ihrer Asservatenkammer. Demgeschulten Auge verrät der Brocken auch, warum er sich aus demMauerwerk löste: Dunkle Verfärbungen rühren von dem Brand, der in derBombennacht im Mai 1943 große Teile Barmens verwüstete und auch dieBausubstanz der Kirche erschütterte.
Im Rahmen einer Sondergenehmigung durch die Denkmalpflege wurde derTurm gleich nach dem Steinschlag eingerüstet und mit einer schützendenPlane umgeben. Mehr als ein halbes Jahr verging, bis alledenkmalpflegerischen Formalitäten erledigt waren und die eigentlicheSanierung beginnen konnte. Als böses Erwachen erwies sich für dieEvangelische Kirchengemeinde Gemarke, dass die anfänglicheKostenschätzung bei weitem überschritten wurde. Anträge auf einenZuschuss beim Landschaftsverband Rheinland, die vor Beginn der Arbeitengestellt werden mussten, basierten auf einem Voranschlag von 145000Euro. Die tatsächlichen Sanierungskosten beliefen sich aber auf 675000Euro, von denen die Gemeinde nun rund drei Viertel selbst tragen muss.
Presbyterin Sigrid Runkel, die dem Turm gleichsam über zwei JahreSanierungszeit beistand, trägt das Fiasko mit Fassung. Zug um Zug habesich eben herausgestellt, wie nachlässig beim Wiederaufbau in denNachkriegsjahren gearbeitet worden sei. "4500Meter Fugen mussten bisauf zehn Zentimeter Tiefe ausgefräst und erneuert werden", sagt Runkelso fachkundig, dass man ahnt, wie sehr sie in der langen Zeit mit denarchitektonischen Details der Kirche verwachsen ist.
Zwischen 1888 und 1890 war das Gotteshaus an der Stelle einerälteren Kirche errichtet worden. Grund des Neubaus war das sprunghafteWachstum der Gemeinde - wovon man heute nur träumen kann. Überalterungund Bevölkerungsschwund machten sich nun mal bemerkbar, sagt Runkel undverweist darauf, dass die Gemeinde auch noch Wupperfelder, Hatzfelderund Lutherkirche zu versorgen habe. Der Kraftakt der Sanierung habe nundie Ressourcen aufgezehrt. Die Außenanlage werde man noch neubepflanzen, auf weitere notwendige Arbeiten an der Kirche aber vorerstverzichten.