Heiße Tipps für glatte Wäsche
Mit ihrer Heißmangel versorgt Brigitte Reithmeier ihre Kundschaft seit 1984 mit faltenfreien Laken, Decken und Servietten.
Lichtscheid. Wer nicht genau instruiert wurde, könnte glatt das Schild übersehen, das zwischen den Büschen hinter der Tankstelle an der Oberen Lichtenplatzer Straße herauslugt. Der Weg zu Brigitte Reithmeier führt über einen Hof zu einer umgebauten Garage. Je näher man der geöffneten Tür kommt, desto intensiver wird der Duft nach frischer Wäsche — präziser: nach frisch gemangelter Wäsche. Denn Brigitte Reithmeier betreibt eine Heißmangel.
Ein Blick in die Gelben Seiten genügt — und schon ist klar: Das ist ein aussterbendes Gewerbe. Gerade einmal zwölf Einträge für ganz Wuppertal. „1984, da gab es allein in Ronsdorf vier weitere Mangeln“, berichtet Reithmeier. Die 65-Jährige steht dreimal in der Woche im heißen Dampf in dem wohlig-warmen Raum.
Die Mangel — ein mehr als 60 Jahre altes Schätzchen — steht in der Mitte und nimmt beinahe den gesamten Platz ein. Auf der einen Seite steht Brigitte Reithmeier, zieht die Wäschestücke glatt und lässt sie langsam von der Walze aufnehmen.
Auf der anderen Seite Mitarbeiterin Karin Rott (66): Wenn die Betttücher, Kopfkissenbezüge, Tischdecken oder Stoffservietten bei ihr ankommen, sind sie von der mit Gas beheizten Walze bei 135 Grad gemangelt worden. Alles in allem ein schweißtreibender Arbeitsvorgang, bei dem die beiden Frauen auch fest zupacken müssen.
„Da kommt Frau Wittgenstein“, sagt Reithmeier, die mit dem Rücken zur geöffneten Tür steht. Allein am Geräusch der Reifen auf dem Kies erkennt sie ihre Kundschaft. „Ich kann mich anstrengen, wie ich will, die großen Tücher selbst zu bügeln: Da kommt nur Kappes raus“, sagt Lotte Wittgenstein. Die 75-Jährige bringt ihre Wäsche seit Ewigkeiten nach Lichtscheid.
Und sind die Kunden und die Mangel die gleichen wie früher, ein paar Dinge haben sich verändert, seit Brigitte Reithmeier das Geschäft 1984 von einer Bekannten übernommen hat: die Schnitte, die Qualität, das Material.
„Hier hat sich eine Firma etwas ganz Tolles einfallen lassen“, bemerkt sie und zeigt auf die Knopfleiste eines Kissenbezuges: „Im Gegensatz zu denen aus Horn schmelzen die Plastikknöpfe in der Mangel“, erklärt Reithmeier und zeigt einen kleinen Kniff: „Genau für dieses Problem habe ich mir ein Tuch zurechtgeschnitten. Das muss ich über die Leiste legen und aufpassen, dass es nicht verrutscht.“
Spaß macht ihr der Job aber trotz der Umwälzungen der Zeit — wegen der Stammkunden, wegen ihrer netten Mitarbeiter, und weil sie sich ein Leben ohne die Mangel einfach noch nicht vorstellen kann: „Ich mache das, solange die Maschine läuft.“