Schwebebahn: Erst Teufelswerk dann Wahrzeichen
Im Historischen Zentrum zeigt eine Ausstellung die Entwicklung der Schwebebahn.
Barmen. Ohne Genehmigung ging gar nichts. Auch nicht 1898. Für die Probefahrt der Schwebebahn war natürlich eine Betriebserlaubnis erforderlich. Die hielt zum Beispiel fest, dass die Prototypen der Bahn damals bei einer „einfachen Belastung von vier Tonnen“ getestet worden waren. Für die Fahrt war eine 400 Meter lange Probestrecke zwischen dem Westende und dem Sonnborner Viadukt geschaffen worden. Wie das genau ablief, können Besucher derzeit im Historischen Zentrum erfahren. Noch bis zum 9. Juli läuft die Ausstellung „Von Preußischgrün zu Himmelblau“. Dabei stehen die — anfangs eben preußischgrünen — Fahrzeuge und ihre Historie im Mittelpunkt, wie Detlef Kamp, Vorsitzender der Stiftung Regionale Verkehrsgeschichte, erläutert. Er hat die Ausstellung mit konzipiert und ist, das wird bei einem Rundgang mit ihm deutlich, ein echter Fan des weltweit berühmten Verkehrsmittels. „Preußischgrün waren die ersten Wagen, weil man sich damals an der Eisenbahn orientiert hat“, erklärt er.
„Die Prototypen waren auch für den Export bestimmt.“ In Berlin, Hamburg und anderen Städten sollten sie fahren. Durchgesetzt haben sie sich aber eben im Tal der Wupper — auch gegen Kritiker.
Heutzutage wird in der Diskussion um die Seilbahn von Befürwortern zwar gerne darauf verwiesen, dass die Schwebebahn wohl nie realisiert worden wäre, „wenn es damals schon so viele Meckerer hier gegeben hätte“. Ganz ohne Proteste verlief es am Ausgang des 19. Jahrhunderts aber auch nicht, wie Kamp weiß. „Einige haben die Schwebebahn als Teufelswerk abgetan.“ Es blieb dann aber doch eine Minderheit, die sich gegen die technische Neuerung aussprach. „Und Wuppertal hat es richtig gut getan“, sagt Kamp, der darauf hinweist, dass es genaugenommen ja ein Projekt dreier Städte war mit Elberfeld, Barmen und Vohwinkel.
In der Ausstellung sind alle Baureihen als Modelle vertreten — bis hin zur aktuellsten. Dazu gibt es viele Fotos, die den Wandel verdeutlichen - und Anekdoten erzählen. Wer von den jüngeren Schwebebahn-Nutzern kann sich zum Beispiel heute noch vorstellen, dass es einst Raucherwagen gab?
Auch an den ersten richtigen Unfall von 1917 wird erinnert. Damals war an der Haltestelle Wupperfeld eine Bahn auf einen liegengebliebenen Zug aufgefahren. Ein Zwischenfall, der glimpflich ausging. Zeitgenössische Zeitungsartikel klären darüber auf, dass der Fahrer damals 100 Mark Geldstrafe zahlen musste.
Und was wäre eine Ausstellung ohne Tuffis Wuppersprung 1950? „An dem Modell lässt sich zum Beispiel gut zeigen, warum der Elefant damals aus der Schwebebahn gefallen ist“, zeigt Kamp auf den Wagen im Kleinformat. Tuffi hatte nämlich in Panik die eingebaute Nottür aufgedrückt. Wer lieber bewegte Bilder mag, kann sich das weltberühmte Ereignis auch auf der Leinwand anschauen: Manfred Schnock hat dazu einen siebenminütigen Animationsfilm gedreht, der während der Ausstellung zu sehen ist. Kamps Lieblingsbaureihe darf im Historischen Zentrum natürlich nicht fehlen.
„Die B50. Die war sehr komfortabel“, erinnert er sich. Leider, sagt er, sei kein Wagen davon im Betrieb gehalten worden. Ob man das auch einmal über die GTW 72 sagen wird, die derzeit bekanntlich ausgetauscht wird? Immer wieder gibt es Stimmen, die sich von den WSW wünschen, zumindest einen Wagen — ähnlich wie beim Kaiserwagen — weiter fahren zu lassen. Kamp — selbst Mitarbeiter der WSW — hält sich aus dieser Diskussion lieber raus. Michaela Fasler-Busch vom Historischen Zentrum bezieht dafür Stellung: „Ich würde das sehr begrüßen.“ Wobei ihr Favorit unter den Ausstellungsstücken eigentlich nur ein Vorläufer des Wuppertaler Wahrzeichens ist: Das Schwebebahnfahrrad von Eugen Langen, mit dem der in den 1890er Jahren die Technik testete. Dessen Nachbau sei ein echter Hingucker, gerade für die jungen Besucher. Überhaupt „ziehe“ die Ausstellung gut Besucher. „Schulklassen fragen extra für Führungen an“, sagt Fasler-Busch stolz. Die Schwebebahn sei einfach für alle „ein sehr nahes Thema“.