Unterwegs mit der Draisine
Der Verein Wuppertrail bietet Fahrten auf der Trasse der Wuppertalbahn an.
Beyenburg. Die Kulisse ist perfekt: Eine Pferdekutsche trabt vom nahe gelegenen Wülfing-Museum heran, der alte Bahnhof Dahlerau prangt in der Sonne, unten rauscht die Wupper in einem Wasserfall. Hier beginnt die Draisinenfahrt, die der Verein „Wuppertrail“ mehrmals wöchentlich anbietet.
Neun Draisinen hat Fahrtleiter Niko Bogdanovic schon bereitgestellt. Es gibt Modelle für vier, fünf und sieben Fahrgäste, wovon jeweils die eine Hälfte strampelt und die andere Hälfte die Fahrt genießen darf. So kommen Familien oder Freundesgruppen gemeinsam auf ein passendes Fahrwerk. „Wir haben immer eine Draisine in Reserve, falls einmal eine kaputt ist“, erklärt Bogdanovic.
Alle sechs bis sieben Wochen wird der Fahrbetrieb für ein paar Tage ausgesetzt, um die Fahrzeuge zu warten. Sie kommen von einem Spielzeughersteller, der einmal im Jahr seine Herstellungsstraße auf Fahrraddraisinen umrüstet.
Gegründet wurde der Verein Wuppertrail 2005 von Rainer Oetting, der eine touristische Nutzung der landschaftlich schönen Bahnstrecke von Radevormwald nach Beyenburg plante. Die Schienen gehören dem Verein Wupperschiene, dem Wuppertrail pro Fahrt eine Trassengebühr entrichtet. Auch wenn voraussichtlich im Jahr 2014 oder 2015 die ersten Museumseisenbahnen auf der Strecke fahren sollen, wird es weiterhin an bestimmten Tagen Draisinenfahrten geben. „Von der Betriebserlaubnis her ist das eine richtige Eisenbahn“, betont Bogdanovic, der auch Vorsitzender des Vereins ist.
Gemeinsam mit Thorsten Kaja (stellvertretender Vorsitzender) und Schatzmeister Ingo Vogelsang managt er den gesamten Fahrbetrieb — noch nebenberuflich, doch die Arbeit wird immer mehr. Denn in der Sommersaison fahren die Draisinen meist an vier Tagen pro Woche zweimal täglich. Der Freitag und teilweise auch der Donnerstag sind für Gruppenfahrten reserviert, bei denen Firmen oder Vereine alle Draisinen auf einmal buchen. Am Mittwoch und Sonntag können sich Einzelpersonen, Freunde oder Familien für die Fahrten um 12 und 15 Uhr anmelden.
Die meisten Gäste kommen aus Wuppertal und Solingen, doch auch aus ganz NRW und den Niederlanden setzen sich Ausflügler auf die ungewöhnlichen Fahrzeuge.
Schnell füllen sich die Draisinen. Kinder und Erwachsene stellen Sättel und Lenker auf ihre Höhe ein. Im Prinzip sitzt man wie auf einem Fahrrad — nur dass das Lenken entfällt. Bogdanovic gibt das Zeichen zur Abfahrt und schon setzen sich die Draisinen in Fahrt. Erstaunlich leicht rollen sie trotz lauten Ratterns auf den Schienen, wenn der erste Moment überwunden ist. So heftig bläst der Fahrtwind um die Ohren, dass bald die ersten Sonnenkappen wegfliegen. „Hier gibt es sogar einen Halter für meine Trinkflasche“, jubelt Jonas begeistert.
Am Anfang unterschätzen allerdings manche Teilnehmer die Geschwindigkeit. Trotz der Warnung des Fahrtleiters halten einige zu wenig Abstand. Als die ganze Gruppe an einem Straßenübergang anhalten muss — Autos haben Vorfahrt — rumpeln einige Draisinen so heftig zusammen, dass zwei Passagiere von ihren Sitzen rutschen. Doch es verletzt sich niemand und so geht es schnell weiter.
Unberührte Waldstücke wechseln sich mit offenen Lichtungen ab. Idyllische Fachwerkhäuser und Kanuclubs fliegen vorbei und zwischen den Zweigen taucht immer wieder die Wupper auf. Im fliegenden Wechsel tauschen sich die Fahrer aus, so dass alle einmal verschnaufen dürfen.
Wegen Bauarbeiten an der Brücke Vogelsmühle ist die Fahrtstrecke derzeit verkürzt. Die fünf Kilometer von Dahlerau bis Beyenburg sind wirklich gut zu bewältigen. Nach einer halben Stunde schon überqueren die Draisinen den Beyenburger Stausee. „Da kommen wir aber nicht weiter“, ruft Josa irritiert. Ein Auto parkt mitten auf den Schienen.
Doch hier ist die Fahrt sowieso erst einmal vorbei. Die Gäste dürfen sich eine Stunde erholen — etwa in der nahe gelegenen Eisdiele — während Bogdanovic die Draisinen umdreht. Mit Hilfe eines langen Hebels, der auf Rollen gelagert ist, wuchtet er die bis zu 500 Kilo schweren Fahrzeuge aus den Schienen und dreht sie auf einem kleinen Holzpodest um. Dann geht es auf der Strecke wieder zurück.
Dabei fährt Wuppertrail bei fast jedem Wetter. „Die schönsten Fahrten hatten wir bei Regen, da ist die Luft so herrlich klar“, sagt Bogdanovic. Nur bei Sturm sei die Gefahr zu groß und die Fahrt wird kurzfristig per Handy abgesagt. Wenn es stark regnet, dürfen die Fahrgäste entscheiden, ob sie fahren wollen oder nicht. Doch heute strahlt die Sonne vom Himmel und alle sind froh, als sich der Wald wieder über den Draisinen schließt. Bald kommt wieder der Bahnhof Dahlerau in Sicht, wo der Fahrtleiter die Draisinen gleich für die nächste Gruppe vorbereitet.