Urknall und Co: Ein Besuch im Zukunftszug
Derzeit hält der Science-Express in Oberbarmen. Die WZ hat sich die Ausstellung mit einem Professor der Uni angeschaut.
Oberbarmen. Ginge es nach den Visionen, die Wissenschaftler vor 30Jahren entwickelten, siedelten Menschen heute auf dem Meeresboden oder hätten ihren Wohnsitz auf dem Mars. "Sie sehen, Quantensprünge in der Wissenschaft sind nicht planbar", sagt Peter Wiesen vergnügt. Wiesen ist Dekan an der Bergischen Universität und Naturwissenschaftler mit dem Talent, auch Laien Technik verständlich zu erklären. Dennoch: Im Science-Express, der zur Zeit am Bahnhof Oberbarmen Station macht, muss auch er sich erst orientieren. Poppig bunt sind Einrichtung und Simulationen - Wissenschaft zum Anfassen. Ein Blick auf die Hinweistafel schafft Klarheit. "Ja, das sind viele Themen, mit denen wir uns auch an der Universität beschäftigen."
Auf die Frage nach dem Woher und Wohin in einem der ersten Waggons, würden auch die bergischen Wissenschaftler gerne eine Antwort finden und suchen dafür auf kleinster Ebene. Elementarteilchen können über die Entstehung der Materie Aufschluss geben. So ist auch die Bergische Universität an der Entwicklung des Teilchenbeschleunigers LHC in Genf beteiligt, von dem Innenansichten im Zug ausgestellt sind. Der LHC soll Bedingungen erzeugen, wie sie Bruchteile von Sekunden nach dem Urknall im Universum herrschten.
Auch den ersten Lebewesen, die nach dem Urknall die Erde besiedelt haben, widmet der Zug eine Darstellung - sie sind heute noch im Meer zu finden: "Archebakterien überleben in der Tiefsee und überstehen Temperaturen von 120 Grad ", sagt Wiesen mit Blick auf das Foto an der Zugwand, auf der gelbes Wasser wabert - die Ursuppe. Die Wiege des Lebens, wie einige Wissenschaftler vermuten.
Auf einem weiteren Bildschirm kehrt sich die Größenordnung um. Die Simulation eines Sternenhaufens. Auf dem Bildschirm wechseln Zahlen sekundenschnell. "Gigajahre", kommentiert der Wissenschaftler. Eine Milliarde Jahre in Sekunden gepresst.
Wenige Schritte weiter umspannt die Zugwände ein Molekül aus der Nanowelt. Ein Gebiet, auf dem auch die Wuppertaler forschen. Neue Lacke könnten jetzt schon die Oberfläche eines Autos schützen, so dass diese nicht verschmutzt oder vereist. Theoretisch. Denn die Lacke glänzen nicht. "Deshalb sträuben sich die Autofahrer", sagt Wiesen und deutet dann auf einen Jungen, der versucht, mit der Pipette ein Reagenzglas zu füllen. Der Wissenschaftler lacht. "Das machen heute alles Maschinen."
Wiesens ganz persönliches Interesse aber gilt einem Film über die Gewinnung von Kohle. Über den Bildschirm flimmern Bilder eines Mannes, der Eichenlaub in einen Behälter füllt. Nach zwölf Stunden steht mit Kohle durchsetztes Wasser im Becher. Das System sei ziemlich einfach und längst bekannt. "Aber irgendwie in Vergessenheit geraten", sagt Wiesen, der zur Zeit eine Wülfrather Firma unterstützt, die in dieses System investieren will.
"Letztlich", so die Meinung des Wissenschaftlers, "haben viele Entwicklungen eine positive und eine negative Seite." Wichtig sei aber, den Menschen die Angst vor der Technik zu nehmen. Und ethische Fragen zu diskutieren. Und so mustert auch Wiesen die philosophischen Sätze an den Wänden des letzten Ausstellungsraumes eingehend - anderthalb Stunden nach Beginn des Rundgangs durch den Zukunfts-Zug.