Wuppertaler weltweit Chile-Auswanderer: „Wir sind froh, dieses Abenteuer zu erleben“

Familie Veller ist vor knapp einem Jahr vom Dönberg nach Santiago de Chile gezogen. Die neue Heimat hat sie fasziniert.

Foto: Familie Veller

Dönberg. Es war ein Aufbruch ins Abenteuer. Familie Veller verschiffte vor knapp einem Jahr ihr Auto samt Kleidung und Büchern, übergab den Schlüssel zu ihrer Wohnung am Dönberg an den Nachmieter und reiste der neuen Heimat entgegen: Santiago de Chile. Dort landeten sie mitten im Hochsommer. „An das Klima haben wir uns gewöhnt. Es regnet kaum, die Sonne scheint fast jeden Tag und es ist sehr trocken“, berichtet Nina Veller.

In der ersten Woche wären die Wuppertaler allerdings am liebsten wieder in den nächsten Flieger Richtung Heimat gestiegen. „Die Luft in Santiago war viel schlechter als erwartet und wir waren sofort alle drei krank“, berichtet Wolfgang Veller. Dazu kamen die Suche nach einem Haus, verspätetes Gepäck und anschließend Schwierigkeiten mit den Hochseecontainern und jede Menge Behördengänge.

Rückblickend ist die Familie aber froh, durchgehalten zu haben. „Denn es ist sehr spannend, ein zuvor unbekanntes Land immer besser kennen zu lernen“, betont Wolfgang Veller. Ausgedehnte Ausflüge haben sie bereits an die Strände des Pazifik und die nahe gelegenen Anden geführt. „Die Umgebung ist grandios“, schwärmt Nina Veller. Die eindrucksvollen Berghänge haben sie im Sommer zu Fuß erklommen und sind sie im Winter auf Skiern hinabgesaust. „Dafür sind die Monate Juni bis August besonders geeignet. Drei Skigebiete sind in nur einer Stunde erreichbar. Das ist für Tagesausflüge ideal“, berichtet Wolfgang Veller.

Die Winterferien im Juli nutzte die Familie für eine Entdeckungsreise in den Norden. Mit dem VW-Bus machten sie sich auf den Weg. „Besonders begeistert haben uns die wilden Stellplätze in nahezu unberührten Seitentälern, wo wir die Natur nur mit den Hirten und ihren Ziegen geteilt haben“, erzählt Nina Veller. Nachts überraschte sie die ungetrübte Sicht auf den Sternenhimmel. „An den Ausläufern der Atacama-Wüste ist es sehr klar und sehr dunkel.“

Während der Sommerferien, die am 16. Dezember beginnen, ist eine Expedition in den Süden geplant. „Dort wollen wir mit dem Fahrrad rund 200 Kilometer um den Llanquihue-See fahren und die Gegend erkunden, die deutsche Einwanderer Mitte des 19. Jahrhunderts urbar machten“, sagt Nina Veller. Sie strampelt sich leidenschaftlich gerne ab und hat Südamerika bereits vor einigen Jahren im Sattel durchquert. Ihre Erfahrungen haben das Paar dazu bewegt, für drei Jahre nach Chile zu gehen.

Beide arbeiten dort als Lehrer an einer deutschen Schule, ihre dreijährige Tochter Sophia besucht den Kindergarten. „Der kann natürlich nicht mit der Wuppertaler Pusteblume mithalten, doch sie hat sich gut eingelebt. Anfangs war es für sie eine Umstellung, sich nicht verständigen zu können, doch nach drei Monaten war Spanisch ihre Sing- und Spielsprache“, berichtet Nina Veller. Die 39-Jährige konnte auf Vorkenntnisse zurückgreifen und knüpfte schnell Kontakte zu Kollegen.

„In unserem Wohnviertel haben wir inzwischen auch sehr nette Bekanntschaften gemacht“, sagt Wolfgang Veller. Er musste sich an den chilenischen Dialekt mit den vielen Verkürzungen erst gewöhnen — ebenso wie an den intensiven Schulalltag. „Neben dem Unterricht ist das Jahr gefüllt mit Festen, Sportwettkämpfen, Projekttagen und Aufführungen.“ Das Schüler-Lehrer-Verhältnis ist weit weniger distanziert als in Deutschland. „Chilenische Lehrer sind auch mal in inniger Umarmung mit einem Schüler zu sehen. Diese Körperlichkeit ist normal.“

Vermisst haben die Vellers neben Familie und Freunden vor allem gutes Brot, Käse, Wurst und die Bundesliga. „Unser erster Stadionbesuch hier war ein Fiasko, weil wir nicht wussten, dass wir die Karten nur online kaufen können.“ Obwohl das erste Jahr für sie sehr intensiv war, ist die Bilanz positiv. „Wir sind froh, dieses Abenteuer erleben zu können.“