Der Arrenberg – ein Modell für die Zukunft?
Ein Viertel wandelt sich, wird bunter und damit zum Experimentier-Labor für das sich schnell verändernde Wuppertal.
Arrenberg. Bunt, bunter, Arrenberg. Das Viertel zwischen Robert-Daum-Platz und Gutenberg-Platz befindet sich im Umbruch. Der Arrenberg gehört zu den Quartieren, in denen sich der demographische Wandel extrem bemerkbar macht. Nach der jüngsten Statistik der Stadt leben dort mehr junge Menschen mit Migrationshintergrund als Deutsche.
Die zwölf Jungs auf dem Bolzplatz am Gutenbergplatz interessiert das nicht. Das Runde muss ins Eckige, und das ist alles, was im Moment zählt. "Spiel rüber", ruft einer der Jungs. Es kicken Deutsche und Zuwanderer: Das Zusammenspiel klappt - und nicht nur auf dem Spielfeld. Auch auf dem Hof der ehemaligen Hauptschule Elberfeld-West an der Simonstraße. Dort steckt Bau-Unternehmer Stephan Frischemeier mitten in Umbau und Neugestaltung von Gebäude und Gelände.
Haus und Hinterhof von Drako Komljenovic grenzen direkt an die Baustelle. Zusammen mit seinem Schwager unterstützt er die Bauarbeiten Frischemeiers. Alles geht Hand in Hand im Viertel mit hohem Migrantenanteil. Ob das ein Problem sei? Komljenovic sieht keins. Im Gegenteil. Die meisten Familien seien um die Bildung ihrer Kinder bemüht.
Als Frischemeier dem gebürtigen Kroaten Komljenovic von seinen Plänen zur Begrünung des ehemaligen Schulhofes erzählte, hat der Hausbesitzer einem Abriss der Hinterhofmauer sofort zugestimmt. "Freude?" - dieses Wort könne nicht annähernd beschreiben, was der 40-jährige nun empfindet: "Wir waren wie gefangen. Die Mauer war drei Meter hoch." Der Park, den Frischemeier anlegen will, soll die Lebensqualität von Komljenovic und seinen Mietern verbessern. Schon im nächsten Frühjahr sollen dort Topfplanzen mediterranes Flair verbreiten.
Ebenso wie der Hof von Komljenovic sich bald verändern wird, hat auch der Arrenberg eine Kehrtwende gemacht. Vom Arbeiterviertel zum Tummelplatz der Investoren? Die Arrenberg’schen Höfe sind dafür ebenso ein Erfolgsmodell wie das Restaurant Zaunkönig.
Doch nicht jeder bewertet dieses Entwicklung gleich. Die Damen des Seniorentreffs blicken erstaunt in die Runde. Auf gravierende Veränderungen angesprochen, äußern sie sich nicht über die demographische Entwicklung, sondern beklagen den Wegfall der kleinen Läden: Bäcker, Metzger, Schuster - dort wurde früher geklönt. Heute haben die Erwachsenen im Viertel nicht mehr so viele Anlaufstellen.
Musiker Metaphysics aus Simbabwe, der mit bürgerlichem Namen Herbert Schwamborn heißt, und Mitglied der Band Söhne Mannheims ist, lebt seit vielen Jahren am Arrenberg. Er beobachtet, dass viele Arrenberger lieber für sich bleiben. "Meine türkischstämmigen Nachbarn habe ich erst besser kennengelernt, nachdem wir uns über Facebook angefreundet hatten", sagt er.
Kathrin Piel ist mit ihrer Hündin Elli viel im Viertel unterwegs. Das Zusammenleben der verschiedenen Ethnien beschreibt sie als "unproblematisch".
Alles in Ordnung also am Arrenberg? Nein, etwas fehlt dem Bezirk noch: "Ein Stadtteilfest, wie der Ölberg es aufgezogen hat", wünscht sich Silke Frischemeier, Ehefrau von Stephan Frischemeier. Das würde den Zusammenhalt fördern und manchen scheuen Bewohner aus seiner Anonymität locken, meint sie. Ein erster Versuch war das Tango-Festival "Mis Amores", das dieses Jahr bereits zum zweiten Mal stattfand.
Mitveranstalterin Dona Piedra, die auch Inhaberin des Estudio de Tango ist, freute sich im Sommer über reges Interesse, vor allem der Arrenberger Kinder. "Die Kinder des Viertels unternehmen viel zusammen. Gehen Fahrradfahren oder auf den Bolzplatz", bestätigt Silke Frischemeier während sie mit bangem Blick ein Wendemanöver ihrer Schwägerin beobachtet. Und tatsächlich: Kaum ist deren Wagen um die Ecke gebraust, kommt der erste Nachbarsjunge und fragt, ob die Söhne zum Fußballspielen rauskommen dürfen. Und dann wird am Arrenberg wieder miteinander gekickt.