Gruselig und illegal: Das Marienheim in der Nacht
Seit acht Jahren steht die ehemalige Klinik Marienheim leer. Wuppertaler Jugendliche haben die Ruine für sich entdeckt.
Elberfeld. Es ist dunkel. Und leise. So leise, dass Michael Steinbach (Name geändert) sein eigenes Atmen hört. Bei jedem Schritt muss er vorsichtig sein. Überall liegen Kabel, Teile von zerstörten Schränken und leere Kartons. Teilweise bedeckt von Laub, das der Wind weiter durch die kaputten Fenster treibt. Als er ein Geräusch hört, erschrickt er — dann folgt Erleichterung. Es ist sein Freund. Um den Nervenkitzel beim nächtlichen Ausflug im verlassenen Marienheim zu erhöhen, hatten sie sich kurzzeitig getrennt.
Das ehemalige Krankenhaus Marienheim auf der Hardt steht seit gut acht Jahren leer. Seitdem ist es ein nicht ganz legaler Abenteuerspielplatz, den Michael Steinbach und seine Freunde in diesem Jahr für sich entdeckten. Besonders nachts herrscht hier eine gruselige Atmosphäre. Gemütlicher geht es dagegen auf dem Dach der ehemaligen Klinik zu: Alte Sofas, Stühle und Tische aus dem Bestand des Krankenhauses haben Jugendliche die Treppenstufen hinauf getragen. Auf dem Dach genießen sie die tolle Aussicht.
Doch nicht alle Jugendlichen, die der Abenteuerspielplatz Marienheim anlockt, sind so friedlich wie Michael Steinbach: Am Pfingstsonntag des vergangenen Jahres sollen fünf Wuppertaler im Alter von 15 bis 18 Jahren einen Brand im Gebäude auf der Hardt gelegt haben. Die beiden Obergeschosse des an der Schlieperstraße gelegenen Flügels der Ex-Klinik brannten komplett aus. 60 Feuerwehrleute waren damals mehrere Stunden im Einsatz. Verletzte gab es keine, aber den Sachschaden betrug etwa 100 000 Euro. Die Jugendlichen gestanden gegenüber der Polizei im Marienheim gezündelt zu haben, sagten aber aus, den Brand mit den Füßen wieder ausgetreten zu haben. Im Juli beginnt der Prozess gegen zwei der mutmaßlichen Brandstifter.
Für die Anwohner ist das leerstehende Krankenhaus nicht nur wegen des Vorfalls vor einem Jahr ein Ärgernis: „Wir müssen fast jedes Wochenende die Polizei rufen“, sagt eine Anwohnerin, die aus Angst vor Racheakten ihren Namen nicht nennen möchte. Mehrfach habe sie beobachtet, wie Jugendliche Lagerfeuer im Marienheim entzündeten. Hinzu käme die Lärmbelästigung, denn besonders an den Wochenenden ist die Ex-Klinik mittlerweile vom Geheimtipp zu einem beliebten Treffpunkt geworden.
Wie es mit dem Marienheim weitergeht, ist unklar. Im Jahr 2008 haben die Kliniken St. Antonius, die das Gebäude auf der Hardt zuletzt als Krankenhaus betrieben, an einen privaten Investor verkauft. Der Plan, die Klinik zu einer Wohnanlage auszubauen, wurde bisher nicht verwirklicht.
Michael Steinbach wäre jedenfalls traurig, wenn er seinen Abenteuerspielplatz bald nicht mehr nutzen könnte. „Die Atmosphäre hier ist genial. So eine Ruine findet man in Wuppertal sonst nicht“, sagt der 24-Jährige. Der nächste nächtliche Ausflug ins Marienheim ist bereits geplant. Legal oder nicht, das spielt für ihn keine Rolle.