„Niemand misst hier den Rasen mit dem Maßband nach“

Der Kleingartenverein „Der Westen“ Am Weinberg wird 80 Jahre alt.

Karternberg. Hinter dem Gartentor, unter einem Brombeerstrauch dösen sie in der Sonne: eine Gruppe Gartenzwerge. Der weiße Lack blättert, ebenso wie ihr Image des Kleingärtners Liebling zu sein. Die Wächter über Geranien, Stiefmütterchen und den mit der Nagelschere gepflegten Rasen haben weitestgehend ihren Job verloren. "Die Gartenzwerge sind nur ein Überbleibsel der Vorbesitzer", sagt Patricia Crede.

Über das böswillige Klischee, Kleingärtner seien die mit der Gartenharke bewaffnete Spießigkeit, kann sie nur den Kopf schüttelt. Vor vier Jahren entschieden sich Patricia, Ralf und Maya (9) Crede den Garten mit der Nummer 28 zu pachten - die grüne Oase, die sie in ihrer Barmer Wohnung nicht haben.

Am Wochenende feierte die Kleingartensiedlung "Der Westen" Am Weinberg 80-jähriges Bestehen. Besonders den Kindern wurde viel geboten: der Clown "Arnd", das Bobby-Car-Wettrennen und das Baggerführen unter Aufsicht sorgten für Spaß.

Das Interesse am Kleingarten-Idyll schwindet bei jungen Familien. Auch in der Siedlung "Der Westen" sind vier der 74 Gärten frei. Das wollen die Laubenpieper ändern. Vorsitzender Michael Blumberg ärgert sich über das seiner Meinung nach schlechte Bild in der Öffentlichkeit. Er selbst maßregelt die Hobbygärtner nicht in der Manier eines Oberlehrers: "Ich bin nicht päpstlicher als der Papst".

Wächst die Hecke über 1,25 Meter hinaus - die Maximalhöhe laut Bundeskleingartengesetz - drückt er auch mal ein Auge zu: "Ich habe Verständnis für Berufstätige, die nur am Wochenende den Garten pflegen können." Und auch Patricia Crede stimmt ein: Niemand misst hier den Rasen mit dem Maßband nach, sonst würden wir uns nicht so wohlfühlen"

Für sie ist die Auszeit im Schrebergarten "Kurzurlaub in der eigenen Stadt". Billiger als ein Urlaub ist die Parzelle allemal: Die Pacht an die Stadt für den 450 Quadratmeter großen Garten beträgt 90 Euro im Jahr. Für die Ablöse der Laube werden einmalig 2500 bis 3000 Euro fällig.

Wie eine Finca auf Mallorca steht das weiß verputze Häuschen, eingerahmt von Apfel- und Kirschbäumen, einem Gemüsebeet mit Zucchini und Tomaten, am Hang. Der Flieder blüht, die Magnolie spendet Schatten auf der Terrasse. Von dort hat man einen Panorama-Blick auf die Hardt. Und dafür hat das Paar den Garten gepachtet: zum Frühstücken im Sonnenschein, zum Grillen an Sommerabenden und als Spielparadies für ihre Tochter. Es ist fast so, als hätte die Familie ein Häuschen im Grünen, nur dass es mitten in der Stadt steht.