St. Michael hat Schützlinge in der ganzen Stadt
125 Jahre nach der Gründung präsentiert sich das Kinderhaus St. Michael dezentral und modern.
Uellendahl. Die Küche lädt hell und freundlich zur Mahlzeit ein, im Wohnzimmer bietet das große Sofa Platz für viele Bewohner, und daneben haben sich jeweils ein bis zwei Kinder die Zimmer gemütlich eingerichtet.
Das Kinderhaus St. Michael feiert sein 125-jähriges Bestehen, doch die Wohngruppen präsentieren sich modern und komfortabel. Ab 2002 wurden die Schützlinge des Kinderheims dezentral im ganzen Stadtgebiet untergebracht und das alte, marode Haus abgerissen. "Die Kinder haben in kleineren Einheiten bessere Möglichkeiten, sich im Stadtteil zu integrieren", erklärt Geschäftsführer Reiner Massow.
Am Standort des alten Hauses an der Uellendahler Straße wurde 2007 ein Neubau für die Verwaltung und eine Wohngruppe eingeweiht. Weitere Gruppen mit je acht bis zehn Kindern wohnen an der Menzelstraße, Im Kämpchen und an der Neanderstraße. An der Varresbecker Straße werden zwei Tagesgruppen betreut.
Gegründet wurde das Kinderheim 1885 vom Katholischen Frauenverein auf Initiative von Kaplan Michael Heyden und Hauptlehrer Johann Gregor Breuer. Nach mehr als zehnjähriger Planung übernahmen vier Franziskaner-Schwestern die Betreuung der ersten Kinder. Sie begleiteten ihre Schützlinge durch Kriegzeiten und materielle Not. Der Bedarf war groß: Das Heim beherbergte bis zu 150 Minderjährige.
Wegen Personalmangels leiteten später Caritas-Schwestern und dann spanische Schwestern die Einrichtung, die heute von einer Stiftung der katholischen Kirchengemeinden getragen wird.
Längst kommen Kinder aller Konfessionen in das Kinderhaus. Von sechs bis 18 Jahre reicht die Altersspanne der 38 Bewohner. Nur die wenigsten sind heute Waisen; die meisten kommen von allein erziehenden Eltern, die ihre Grundversorgung nicht sicherstellen können. "Wir wollen deshalb mit den Eltern am Erziehungsverhalten arbeiten", nennt Massow ein wichtiges Ziel.
Regelmäßige Beratungsgespräche gehören ebenso zum Konzept wie Besuche der Kinder zu Hause. Rund 40 Prozent können so nach ein bis drei Jahren zu ihren Eltern zurückkehren. Manche jedoch verbringen ihre gesamte Jugend im Haus und suchen sich anschließend eine Wohnung in der Nähe der vertrauten Bezugspersonen.
Jede Gruppe hat fünf bis sechs feste Betreuer, die sich in 24-Stunden-Schichten um die täglichen Sorgen und Nöte kümmern. Mit Geduld und Erfahrung verarbeiten sie mit den Kindern deren oft schwierigen Lebensweg und geben ihnen Sicherheit. Wie in einer ganz normalen Familie kochen alle gemeinsam, spielen und räumen auf.