Historisches „Tag der Industriekultur“ in Wuppertal: Bleichergruppe gab Einblick in ihr Handwerk

Wuppertal · So war der „Tag der Industriekultur“ im Engelsgarten.

Die Garnbleicher waren zu Gast im Engelsgarten und spielten ihre Tätigkeit historisch akkurat nach.

Foto: Andreas Fischer

Für die Langerfelder Garnbleicher ist die Vorführung im Engelsgarten so etwas wie die Rückkehr zu den Wurzeln ihres Metiers gewesen. Die Wiesen im Engelsgarten luden zum Auslegen des Garns geradezu ein, die Nähe zum Engels-Haus schaffte eine ideologische Verbindung zu Herstellung und Handel mit Textilwaren. Kein Wunder also, dass die Garnbleicher am Sonntag beim „Tag der Industriekultur“ mit dabei waren und die Station am Engelsgarten bespielten.

Wie bei ihren Auftritten üblich setzten die Garnbleicher auf historisches „Reenactment“, hatten ihre übergroßen Wasserwurfschaufeln, die sogenannten Güten, mitgebracht und Tisch, Kessel und Steinwand auf dem Rasen aufgebaut. Mit der Entstehung des Garnbleichens und der Weiterverarbeitung der Textilien sei damals in Elberfeld und Barmen der bedeutendste Industriestandort „auf dem europäischen Festland“ entstanden, berichtete Bleicher Andreas Volkmann bei der Vorführung. So wie man heutzutage Tesla-Fabriken oder Offshore-Windkraftanlagen besichtige, sei damals die Textilherstellung im Tal der Wupper ein „Kernpunkt der Innovation“ gewesen und habe zu einem regelrechten Tourismus geführt.

Man vermutet, dass bereits um 1400 im Tal der Wupper Garn gebleicht wurde. Am 29. April 1527 erwarben die Bleicher in Barmen und Elberfeld gegen eine Zahlung von 861 Goldgulden von Herzog Johann III. von Cleve, Jülich und Berg das Privileg der „Garnnahrung“. Im Jahr 1808 wurde dieses Privileg von Napoleon durch die Einführung des „Code civil“ dann wieder aufgehoben.

Dabei war das Garnbleichen eher eine Tugend, die aus der Not geboren wurde. Die Böden seien für Landwirtschaft zu schlecht gewesen, auch die Topographie stand nicht aufseiten der Bauern, berichtete Volkmann. Dafür gab es im Tal der Wupper aber „über 300 Quellen“, aus denen weiches Wasser gewonnen werden konnte. Und entlang der Wupper gab es viele Wiesen, auf denen Garn zum Bleichen ausgelegt werden konnte.

All das war allerdings ein recht mühseliger Vorgang, wie auch bei der Darstellung durch die Garnbleicher deutlich wird. Bis zu zwölf Durchgänge – Vorbehandlung im „Bäucherkessel“ und Auslegen zur Bleiche auf den Wiesen – waren nötig, um das Leinengarn weiß zu bekommen. Mit dem Aufkommen der Baumwolle wurde diese Arbeit dann ein Opfer der technologischen Entwicklung.

Die Station am Engelsgarten war am Sonntag einer von rund 25 Orten, an denen zum „Tag der Industriekultur“ an die Wirtschaftsgeschichte Wuppertals erinnert wurde. Man wolle mit dem Tag ein „Bewusstsein für die reiche Industriekultur“ der Stadt schaffen, sagte der Direktor des Museums Industriekultur, Lars Bluma. An dem Veranstaltungsreigen beteiligten sich unter anderem Einrichtungen wie Utopiastadt, der Bob-Campus und das Visiodrom.