Vom Überleben im lauten New York

Die US-Amerikaner Jason Karolak und Dan Devening stellen ihre abstrakten Bilder in der Galerie Grölle pass:projects am Arrenberg aus.

Foto: Anna Schwartz

Beinahe hätte Jürgen Grölle schon zwei Bilder von Jason Karolak erworben. Doch dann hätte er schnell entscheiden müssen. Zu schnell, denn als er sie in Chicago entdeckte, wurden sie gerade abgehängt und eingepackt. Das war im Mai 2017. Wenigstens blieb der Wuppertaler Galerist mit dem Künstler in Kontakt und beschloss, ihn bei sich auszustellen. Und so hängen, nun 13 15 mal 20 Zentimeter kleine und zwei circa 180 mal 150 Zentimeter große Arbeiten des US-Amerikaners an den weißen Wänden von Grölle pass:projects in Arrenberg. Karolaks erste Ausstellung in Europa. Weil der Wuppertaler dem US-Amerikaner damals nie begegnet wäre, wenn er nicht wegen Dan Devening und seinem Galerieprojekt in Chicago gewesen wäre, ist auch dieser Künstler nun mit im (Ausstellungs-)Boot, stellt in „Raum 2“ der Galerie 16 33 mal 26,5 Zentimeter große Bilder aus.

Er ist jung, individuell, hat Potenzial, hat eine eigene Sprache in seinen abstrakten Bildraum-Erfindungen. Der 44-jährige New Yorker Karolak malt analytisch, lässt sich durch digitale 3D-Algorithmen ebenso inspirieren wie durch die Malerei der Renaissance. Auf der Basis von illusionistischen Raumgittern entwickelte er seine eigene rationale und klare Geheimsprache.

„Argot“ ist der Titel seiner Ausstellung; der Begriff steht für die Geheimsprache der Bettler und Gauner Frankreichs im Mittelalter. „Er hat seinen eigenen Sprachkosmos. Ob der Betrachter sie versteht, ist offen“, schwärmt Jürgen Grölle und erklärt, dass die Bilder aus unglaublich vielen kleinen Tuschezeichnungen entstehen, die in mehreren Schichten übereinandergelegt werden. In der Ferne dominieren exakte, grafische Oberflächen, in der Nähe wirken ebendiese individuell und im Detail ungenau. Unterstützt durch die Farbwahl, schweben und leuchten rote, lilafarbene, blaue oder grüne filigrane Zeichnungen auf schwarzem Grund. Karolak verwendet Acryl-, hin und wieder Ölfarbe, gibt seinen Bildern keinen Namen, nummeriert sie.

„Der Sound ist ihm wichtig“, erzählt Jürgen Grölle und erklärt, dass dies durchaus wörtlich zu verstehen ist: Der Rap-Rhythmus Eminems fließe in die Bilder und ihren Mal-Sprach-Rhythmus ein. Genauso wie die Lebenssituation Karolaks.

Um im lauten, überreizten, stets geschäftigen New York zu überleben, schaffe der Künstler seine eigene Ordnung und Struktur, erhole sich beim meditativen, entschleunigenden Malen seiner Bilder. Die dann weniger emotional wirken als der Künstler sei, schmunzelt Grölle.

Beim sehr intellektuellen Künstler Dan Devening sei das genau umgekehrt, so Grölle. Nach 2016 stellt der Maler bereits zum zweiten Mal bei ihm aus. Der 60-jährige US-Amerikaner ist wie er Künstler und Galerist und in Deutschland kein Unbekannter. Er hat seine mit Acrylfarbe auf Kunststoffpapier (Verpackungsmaterial in der Kosmetikindustrie) gemalten kleinformatigen, be—namten Bilder wirkungsvoll niedrig und gleichmäßig in Reih und Glied gehängt. „Let me see a further thing“ ist der programmatische Titel. Devening untersucht in seinen farb-kräftigen Bildern Konzepte und Ideen der Malerei der Moderne, greift Traditionen auf und führt sie fort, legt minimale und geometrische Formen auf malerisch sinnliche und spontane Malgesten. Er verwebt scheinbar gegensätzliche Haltungen der Kunst miteinander zu beeindruckenden Collagen — macht dies durchaus auch durch farbige, senkrecht verlaufende Nähte sichtbar.

Es entsteht ein Vorne und ein Hinten. Grölle: „Die Bilder mit ihren matten Farbräumen erinnern auch an die Aufteilung der Architekturmodelle der 50er und 60er Jahre, an Kunst am Bau und Aufrisse von Bungalows.“