Von wegen liberal: Die FDP vor der Wahl
2009 werden die Karten im Rat neu gemischt. Die Großen, CDU und SPD, suchen nach einem eigenen Profil, und einige Kleine haben mitunter noch größere Probleme – vor allem die FDP. Eine Bestandsaufnahme.
Wuppertal. Ratssitzungen in Wuppertal sind anstrengende Veranstaltungen. Durch die große Kooperation von SPD und CDU gibt es keine wirklichen Überraschungen mehr bei den Abstimmungen. Der Einfluss der kleinen Fraktionen ist geschrumpft, was deren Vertreter durch ebenso ausschweifende wie ergebnislose Redebeiträge zu kompensieren versuchen. Das heißt nicht, dass sich in Wuppertal nichts bewegen würde. CDU und SPD haben wichtige Entscheidungen getroffen, zum Beispiel beim Stadtwerke-Umbau oder in der Schulentwicklung. Parlamentarisch kontrolliert wird das Bündnis aber kaum noch. Zu sehr haben sich die politischen Gewichte in der Stadt verschoben.
Ein besonders krasses Beispiel liefert da die FDP ab. Sie war einst in Wuppertal eine mitbestimmende Kraft, wusste sich unter der SPD-Herrschaft zu profilieren - mit Inhalten und mit Köpfen. Davon ist nichts mehr übrig. Partei und Fraktion sind heillos zerstritten. Die liberalen Frontmänner aus der Fraktion wenden sich angewidert von der Partei ab. Rolf Köster, einst Bürgermeister, Kreisparteichef und Vordenker der Fraktion, hat die FDP im Zorn verlassen (WZ berichtete).
Schon seine Abschiedsrede als Kreisparteivorsitzender klang wie der Abgesang auf glorreiche liberale Zeiten. Sein endgültiger Abschied wurde parteiintern mit wenigen dürren Sätzen kommuniziert. Nicht nur ältere Parteimitglieder reagierten irritiert.
Damit aber nicht genug: Der liberale Haudegen und Fraktionschef Jürgen Henke ist in der "neuen" FDP zur Persona non grata erklärt worden. Wohl einzigartig in der politischen Landschaft der Stadt war jener Kreisparteitag, auf dem Henke verwehrt wurde, einen Fraktionsbericht abzugeben. Ähnlich verprellt wird Schulausschuss-Vorsitzender Peter L. Engelmann, der rhetorisch geschickteste Nachwuchs-Politiker der FDP.
Henke und Engelmann waren säumige Zahlungen von Fraktionsgeldern an die Partei angelastet worden. Ein Streit mit Folgen: Der Kreisvorstand trat zurück, die Partei wählte den 26-jährigen Marcel Hafke an die Spitze. Und der machte ziemlich schnell klar, dass er mit der alten Fraktionsgarde nichts mehr zu tun haben will. Sein bekennender Verbündeter unter den Stadtverordneten ist Manfred Todtenhausen, der darin seine Chance auf eine politische Karriere sieht. Er ist der Einzige aus der bisherigen Fraktion, der in der Ratsreserveliste unter den ersten Fünf vertreten ist (fünf Stadtverordnete hat die FDP im jetzigen Rat, vier sind es noch ohne Rolf Köster). Spitzenkandidat ist Marcel Hafke.
Kein Wunder also, dass auch die "alte" Fraktion kein gutes Haar an der "neuen" Partei lässt. "Was da jetzt agiert, ist das Hinterteil der FDP", meint einer aus der alten Garde. Parteichef und Spitzenkandidat Marcel Hafke strotzt hingegen vor Selbstbewusstsein, spricht "vom letzten Schritt für einen Neuanfang", gibt sich kämpferisch: "Mit einer schlagkräftigen Mannschaft werden wir nun in die Kommunalwahl gehen und für einen Politikwechsel in Wuppertal sorgen." Inhaltlich hat die neue Mannschaft noch nicht viel Neues zu bieten. Die Positionen sind die bekannten, folgen der Landespolitik (Ablehnung weiterer Gesamtschulen, Befürwortung des neuen Sparkassengesetzes) und werden auch von Henke und Co. weitestgehend so vertreten.
Der Noch-Fraktionsvorsitzende wird, wie Köster und Engelmann, auf dem Neujahrsempfang der FDP am 17. Januar in der Alten Papierfabrik wohl nicht anwesend sein, dürfte aber dennoch für den entscheidenden Gesprächsstoff sorgen. Denn niemand glaubt, dass sich die Altvorderen einfach abspeisen lassen. Möglicherweise werden sie auf einer anderen, wenn nicht gar eigenen Liste antreten. Ganz chancenlos wären deren Kandidaten nicht, zumal sich so erfahrene Kommunalpolitiker wie Henke und Köster nie auf ein Abenteuer einlassen würden, ohne sich im klassisch-liberalen Umfeld (Unternehmer, Selbstständige, gehobenes Bürgertum) entsprechende Rückendeckung zu sichern.
So dürfte Wuppertal ein Wahlkampf ohne liberale Beteiligung bevorstehen. Denn die gespaltene FDP wird viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt sein, um sich als politische Alternative anbieten zu können.
Lachende Dritte könnten da die Grünen sein. Ihr Personal ist erfahren, das Programm für Grünen-Anhänger stimmig und für so manchen Liberalen durchaus wählbar. Ihr Problem sind allenfalls die Linken, die 2009 ebenfalls mit Zuwächsen rechnen können. Insgesamt aber werden die Grünen am entspanntesten in den Wahlkampf ziehen. Zu verdanken haben sie dies der FDP.