Weniger Autoverkehr, besseres Klima

Reihe „Transformationstandem“ befasste sich mit „Mobilitätssuffizienz“ und den Weg zu einem CO-2-neutralen Verkehrssystem.

Foto: Stefan Fries

Weniger Autoverkehr wagen - mit dieser Prämisse und Zielvorgabe hat sich die Reihe „Transformationstandem“ am Dienstagabend in der evangelischen City-Kirche unter gleich zwei Blickwinkeln befasst. Den akademischen Fokus vertrat Professor Oscar Reutter vom Wuppertal Institut, der aus einer von ihm betreuten Doktorarbeit zum Thema „Mobilitätssuffizienz in der Stadtentwicklung“ vortrug. Den eher pragmatisch-praktischen Ansatz vertrat dagegen Rüdiger Bleck, Leiter des städtischen Ressorts Stadtentwicklung und Städtebau.

Die beiden Protagonisten des Abends waren dabei zumindest in einem Fall andere als ursprünglich geplant. So musste Reutter kurzfristig für seine Doktorandin Marie Gröne einspringen, die krankheitsbedingt ihren Vortrag abgesagt hatte. „Das ist jetzt hier wie beim Power-Point-Karaoke“, scherzte er vor rund 40 Zuhörern, die trotz sommerlichen Wetters und Fußball-Weltmeisterschaft den Weg in die Citykirche gefunden hatten. Aber immerhin kenne er die von Gröne vorgelegte Doktorarbeit recht gut, habe er sie doch betreut und dreimal gelesen.

Hinter dem etwas sperrigen Begriff „Mobilitätssuffizienz“ steht die Überlegung, dass ein Weniger an Autoverkehr ein Mehr an Lebensqualität bedeutet. Wobei Lebensqualität ein viel zu schwacher Begriff ist, geht es doch darum, den mobilen Individualverkehr als Mitverursacher des Klimawandels und der Erderwärmung zu beschränken und in nachhaltige Bahnen zu lenke. Etwa ein Drittel des Kohlendioxidausstoßes werde derzeit durch den Verkehr verursacht, betonte Reutter.

Auf städtischer Ebene könnten unter anderem eine Förderung des Fuß- und Radverkehrs oder ein Mobilitätsmanagement, das verschiedene Formen des Personenverkehrs vernetzt, den Weg in eine klimaneutrale Gesellschaft weisen. Anhand des Stadtteils Vohwinkel hat Gröne verdeutlicht, wie Konzepte der Mobilitätssuffizienz umgesetzt werden können. Dabei sollten auch „zentrale Akteure“ wie Bürger und Kommune an dem Prozess beteiligt werden, erklärt sie in ihrer Arbeit.

Zugleich räumt Gröne aber ein, dass für eine solche Entwicklung ein „grundlegender Wandel in der Stadtentwicklungskultur“ nötig ist. Und dazu reichen nach ihrer Ansicht „konsensorientierte Maßnahmen“ nicht aus. Inwieweit allerdings eine Mehrheit in der Gesellschaft zu grundsätzlich neuen Verkehrskonzepten bereit ist, bleibt die große Frage.

Ressortleiter Rüdiger Bleck berichtete von den Plänen und Vorstellungen, die Wuppertal bis 2030 bei der Verkehrsentwicklung umsetzen will. Der Ist-Zustand sei geprägt von einem hohen Anteil an Pkw, einem guten Angebot an Öffentlichem Personennahverkehr und einem noch ausbaufähigen Netz an Rad- und Gehwegen, sagte er. Zugleich betonte er, dass der Fokus der Stadtplaner weniger auf lokaler als vielmehr auf regionaler Ebene liege. Angesichts der Tatsache, dass es immer mehr Familien mit einem doppelten Einkommen gebe, bei denen beide Ehepartner in unterschiedlichen Städten arbeiteten, müsse verstärkt der „regionale Kontext“ betrachtet werden. Dazu gehöre dann zum Beispiel der Masterplan „Grünes Städtedreieck - Region mit Weitsicht“, der vor Kurzem vorgestellt wurde.

Als Beispiele für moderne Stadtentwicklung verwies Bleck auf geplante Wohnbauvorhaben am ehemaligen Güterbahnhof Heubruch in Barmen oder an der Nathrather Straße in Vohwinkel. Wobei Zuhörer in beiden Fällen nachfragten, ob und warum bei solchen Neubauvorhaben noch Pkw-Stellplätze ausgewiesen werden müssten, wenn zugleich eine Mobilitätswende erreicht werden soll. Bleck hatte Verständnis für die Frage, räumte aber ein, dass Häuser mit Stellplätzen einfach leichter zu vermarkten seien. Das müsse man so hinnehmen.

Professor Reutter unterstrich, dass viele Aspekte der Parkplatzverordnung noch aus der Nazizeit stammten und das Prinzip des stetigen Wachstums beim Pkw-Verkehr verfolgten. Mittlerweile gebe es in dieser Hinsicht aber eine „Veränderungssituation“. So flössen nun auch andere Überlegungen in die Planungen ein, die nicht allein den Pkw-Verkehr im Blick hätten. Die Landesbauordnungen könnten diese Veränderungen dann nach und nach berücksichtigen.