Berufsausbildung Wenn Azubis bereits Eltern sind: So wird das Teilzeit-Programm in Wuppertal angenommen

Wuppertal · In Teilzeit können auch Menschen, die pflegen oder sich um Kinder kümmern müssen, eine Berufsausbildung machen. Das Land NRW stellt Fördermittel bereit.

Die Teilzeitausbildung kann für Unternehmen ein attraktiver Weg sein, um unbesetzte Stellen zu füllen.

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Kindergarten, Schule, ein guter Abschluss und anschließend ein Studium oder eine solide Berufsausbildung, danach Familiengründung – so sieht landläufig der ideale Weg ins Erwachsensein, ins Berufsleben aus. So läuft es aber nicht bei jedem. Jugendliche oder junge Erwachsene, die früh Eltern geworden sind oder gar bereits Angehörige pflegen, haben es nicht ganz so leicht, diesen Weg konsequent zu verfolgen. Eine Berufsausbildung in Vollzeit ist dann häufig nicht mit der Familienverantwortung zu vereinbaren, die sie tragen. Seit einigen Jahren gibt es darum die Möglichkeit, Ausbildung auch in Teilzeit zu machen.

Gefördert wird das Konzept vom Land NRW. Aktuell werden Solzialträger gesucht, die Interessierte durch die erste Zeit der Ausbildung navigieren. Das Modell, das schon in den letzten Jahren zu einer guten Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Erziehungs- und Pflegeaufgaben geführt hat, wird von der Regionalagentur Bergisches Städtedreieck in der Region koordiniert. „Der Einsatz für die Angehörigen ermöglicht es vielen Menschen nicht, eine Ausbildung zu beginnen.

Seit einigen Jahren hat sich jedoch das Modell der Teilzeitausbildung, in der Familie und Beruf koordiniert werden können, als erfolgreich erwiesen. Teilzeit-Auszubildende werden durch ein Programm auf besondere Weise unterstützt: durch das Förderprogramm „Teilzeitberufsausbildung – Einstieg begleiten – Perspektiven öffnen“ (TEP) des Europäischen Sozialfonds (ESF)“, heißt es bei der Regionalagentur. Gefördert werden soziale Projektträger, die Interessierte ermitteln und ansprechen, die passenden Ausbildungsverhältnisse auf den Weg bringen, die die Teilnehmenden vorbereiten und die erste Zeit betreuen. Dazu gehören zum Beispiel umfangreiche Beratungen, die Durchführung von Qualifizierungsangeboten, Nachbereitung von Praktika, Konfliktbewältigung an den Lernorten sowie die Organisation der Kinderbetreuung. Diese Aufgabenpakete sollen die einschlägigen Träger übernehmen. Für Wuppertal hat in der Vergangenheit die WIPA-Unternehmensgruppe diese Aufgabe übernommen. Nun muss neu ausgeschrieben werden. Wer dann den Zuschlag erhält, übernimmt die Aufgabe ab Januar 2025 bis Ende 2027. „Es ist schön, dass das Land das Programm direkt für drei weitere Jahre fördert. Bei anderen ist die Zeit der Förderung oft kürzer bemessen. Dass es hier langfristig angelegt ist, ist ein gutes Zeichen“, sagt Justus Schongen von der Bergischen Gesellschaft.

Die Ausbildungsform eröffnet auch Unternehmen die Chance, dem wachsenden Fachkräftebedarf zu begegnen und Auszubildende zu gewinnen. Im Berufsbildungsgesetz von 2005 ist bereits verankert, dass zeitreduzierte Ausbildungen möglich sind, wenn man familiäre Verpflichtungen hat. Seit 2020 können auch alle anderen diese Möglichkeit nutzen, die sich eine Ausbildung in Vollzeit nicht zutrauen. „Die Teilzeitausbildung kann für Unternehmen ein attraktives Instrument sein, wenn Stellen bisher nicht besetzt werden konnten“, sagt Carmen Bartl-Zorn, Geschäftsführerin für Aus-und Weiterbildung bei der Bergischen IHK.

Die Nachfrage ist bisher noch eher gering

Auch für das aktuelle Ausbildungsjahr könnten durch die Erschließung neuer Zielgruppen noch Azubis gewonnen werden. Insgesamt ist die Nachfrage bisher noch recht gering. Das könne laut IHK aber auch daran liegen, dass die Teilzeitausbildung bei Jugendlichen und Unternehmen noch recht unbekannt ist. Dennoch verzeichnet die Kammer leicht steigende Zahlen in den vergangenen Jahren. „Unternehmen, die sich informieren möchten – gerne auch noch kurzfristig für dieses Jahr – möchten sich bitte bei uns melden“, sagt Bartl-Zorn. Das Landesprogramm wird inzwischen beispielgebend in allen Regionen Nordrhein-Westfalens umgesetzt. Bis zu 16 Auszubildende können in Bergischen Städtedreieck durch Träger begleitet und unterstützt werden. Proportional zur Wochenarbeitszeit verlängert sich dann die Dauer der Ausbildung.