Soziales Wie gut funktioniert Hilfe für Kinder in armen Familien?

Wuppertal · Das „Bildungs- und Teilhabepaket“ kommt nicht bei allen Kindern an. In Wuppertal wird gut ein Viertel der Berechtigten erreicht.

Kosten für Schwimmkurse und andere Aktivitäten können bedürftige Eltern bezahlt bekommen.

Foto: dpa/Georg Wendt

Kinder in Familien mit wenig Geld sollen die gleichen Chancen wie andere Kinder haben. Deshalb können ihre Eltern Geld für Hefte und Bücher, Schulausflüge, den Sportverein oder Nachhilfe über das so genannte „Bildungs- und Teilhabepaket“ beantragen. Aber zu wenig Kinder profitierten davon, kritisierte kürzlich der Paritätische Wohlfahrtsverband. Den besonders negativen Zahlen für Wuppertal widersprechen dabei Sozialdezernent Stefan Kühn und Jobcenterchef Thomas Lenz. Kühn sieht aber auch Verbesserungspotenzial.

Dankbar für das Bildungs- und Teilhabepakets war zum Beispiel Hanna P. (46, Name geändert). Als ihr Mann nur wenig verdiente, sie selbst arbeitslos war, erhielten sie Unterstützung vom Jobcenter. Und konnten weiteres Geld für ihre zwei Töchter beantragen. Zunächst gab es einen Zuschuss zum Schulmittagessen. „Ich hatte bei einem Info-Abend davon gehört“, erzählt die Mutter. „Dann habe ich nachgefragt, ob so etwas auch für Sport gibt.“

Das gab es. Deshalb konnte sie die Kursgebühren für die Schwimmkurse der Kinder bei einem Verein zurückerhalten. „Das ist eine gute Unterstützung“, findet sie. „Manchmal fehlen einem ja schon 30 oder 40 Euro.“

Das Verfahren habe sie nicht schwierig gefunden, denn Lehrer und Schulsozialarbeiter hätten geholfen. Und auch die Bescheinigung vom Sportverein habe sie nur beim Jobcenter abgeben müssen.

„Die Menschen
brauchen Mittler“

Hanna P. habe Glück gehabt, gut beraten zu sein, sagt Eva Somrei vom Projekt „Ein Quadratkilometer Bildung“ das Bildungsangebote für Kinder und Jugendliche in der Nordstadt anbietet. „Die Menschen brauchen Mittler. Wenn es fitte Schulsozialarbeiter gibt, dann funktioniert es sehr gut.“ In ihrem Projekt überlegten sie oft gemeinsam mit Lehrern und Schulsozialarbeitern, welches Kind Hilfe brauche und welche Eltern sie auf die Möglichkeit des Bildungs- und Teilhabepakets aufmerksam machen wollen.

„Bürokratische Hürden“ und „mangelnde Bewerbung“ der Förderung kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband und sieht darin die Ursache dafür, dass bisher zu wenig Kinder von der Förderung profitieren. In einer Studie hat er untersuchen lassen, wie häufig ein bestimmter Teil des Pakets, die Förderung für die sozio-kulturelle Teilhabe – Geld für den Sportverein oder die Musikschule – von Kinder und Jugendliche von sechs bis 15 Jahren genutzt wird. Möglich sind bis zu 15 Euro im Monat.

Laut dieser Studie werden bundesweit im Durchschnitt aber nur 15 Prozent derjenigen erreicht, die Anspruch darauf hätten. Dabei gebe es große regionale Unterschiede, von 7,6 Prozent im Saarland bis 45,3 Prozent in Schleswig-Holstein. Und Wuppertal wird als Beispiel für eine „unterirdische Teilnahme“ mit nur 2,4 Prozent genannt.

Zu dieser Zahl gibt es aber energischen Widerspruch. Thomas Lenz vom Jobcenter erklärt, dass der Jahreswert 2018 bei 27 Prozent liege. Und Wuppertals Sozialdezernent Stefan Kühn sagt: „Damit liegen wir doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt. Das spricht für unsere Arbeit.“ Die Studie nenne nur einen einzelne Monatswert. Das sage nichts über den Jahresdurchschnitt aus.

Thomas Lenz betont: „Wir machen in Wuppertal unglaublich viel Werbung für die Möglichkeiten des Bildungs- und Teilhabepakets.“ Die Berater des Jobcenters wiesen darauf hin, die Schulsozialarbeiter und auch die Sportvereine. Kühn erläutert, dass sie auch alle Bezieher von Wohngeld direkt im Bewilligungsschreiben auf das Bildungs- und Teilhabepaket aufmerksam machen.

Das Paritätische Wohlfahrtsverband fordert, das Geld ohne Antrag direkt an die Familien zu überweisen. Befürchtungen, das Geld komme dann nicht bei den Kindern an, weist Christian Woltering, Landesgeschäftsführer des Paritätischen, zurück: „Das kommt auf das Menschenbild an. Wir glauben, dass die Menschen alles für ihre Kinder tun.“

Auch Stefan Kühn ist nicht kritiklos: „Wenn im Bundesschnitt 85 Prozent der Kinder nicht erreicht werden, muss man darüber nachdenken, ob das richtig ist.“ Auch die ausgezahlten Summen reichten häufig nicht aus.