„Wir haben über Jahre unsere Aufgaben nicht erledigt“
Grünen-Fraktionschef Marc Schulz zweifelt am Bedarf von bis zu 110 Hektar zusätzlichem Bauland in Wuppertal.
Am Bedarf für mehr Bauland in Wuppertal besteht unter den maßgeblichen Parteien im Stadtrat kein Zweifel. Doch während die FDP den Vorstoß der Kooperationspartner CDU und SPD begrüßt, hegen die Grünen Zweifel an den Zahlen. Fraktionschef Marc Schulz hält die geforderten bis zu 110 Hektar für zu hoch gegriffen. Er glaubt nicht, dass Wuppertals Entwicklung in der nächsten Zukunft diesen Flächenbedarf rechtfertigt.
„Wuppertals Bevölkerungszahl ist seit den 1990er Jahren von 420 000 zwischenzeitlich auf 350 000 gesunken. Im selben Zeitraum hat die bebaute Fläche aber zugenommen“, sagt Schulz im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung. Er zitiert Statistiken, nach denen die besiedelte Fläche um 16 Prozent gewachsen, die Freifläche hingegen um 2,2 Prozent geschrumpft ist. „Und die landwirtschaftlich genutzte Fläche ist sogar um 23 Prozent geschrumpft“, sagt Schulz. Das sei nicht zuletzt im Hinblick auf die regionale Versorgung mit Lebensmitteln eine schlechte Tendenz.
„Wir tun seit Jahren so, als wachse Wuppertal. Das Gegenteil ist der Fall.“ Dabei ist das jüngste Bevölkerungswachstum durch Zuwanderung auf fast 360 000 für den Grünen-Fraktionschef nur eine Momentaufnahme. Langfristig wird die Zahl der in Wuppertal lebenden Menschen sinken. Aus diesem Grund hält Schulz es nicht für notwendig, für zusätzliches Bauland auf Grüngebiete am Stadtrand zu verzichten, zumindest nicht in der von der Groko aus CDU und SPD geforderten Größenordnung.
Gleichwohl räumt Schulz den Bedarf an auch höherwertigem Bauland ein. Aber: „Wir haben in Wuppertal statistisch betrachtet für jedes zugelassene Auto drei Parkplätze“, sagt der Fraktionschef. Rund 600 Hektar seien in Wuppertal Parkfläche. „Für die beiden Plätze an der Auer Schulstraße hat es immer Pläne geben sollen. Gekommen ist da gar nichts.“
Dabei sei die sogenannte Nachverdichtung ebenso geeignet, Bauland zu gewinnen, wie das Reaktivieren von Brachflächen in der Innenstadt. Und auch manch ungenutzter Büroraum könne für Wohnen hergerichtet werden, auch für Hochwertiges. „Wer sagt denn, dass die Besserverdienenden aus Düsseldorf oder Köln unbedingt am Stadtrand wohnen wollen? Auch für Familien mit Kindern ist Citylage wegen der Versorgung mit Kindergärten und Schulen besser“, sagt Schulz.
Hinzu komme, dass neues Bauland an der Peripherie immer auch hohe Kosten eben für neue Kindergärten mit sich brächte. „Ich sage nicht, dass wir kein interessantes Angebot schaffen müssen. Ich warne nur vor einfachen Lösungen, die hohe Folgekosten verursachen.“
Schulz kritisiert, dass Wuppertal sich in der Siedlungsfrage wie Düsseldorf verhalten wolle. Dort gebe es tatsächlich Druck auf den Wohnungsmarkt und müsse auf den Stadtrand ausgewichen werden. In Wuppertal hingegen nicht. „Wir haben allein 70 Hektar Brachflächen. Was fehlt sind Konzepte für Flächenrecycling und zur Nachverdichtung.“