Uni Wuppertal Wissenschaftler fordern Konzept für digitale Lehrinhalte

Experten für digitales Lernen aus ganz Deutschland sind zu Gast an der Uni Wuppertal.

Christopher Koska hielt zum Start des Symposiums einen Impulsvortrag.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Um die Zukunft digitaler Lernmöglichkeiten ging es am vergangenen Freitag bei einer Fachtagung an der Bergischen Uni. Zum Abschluss der Veranstaltung gab es viele kritische Fragen an den Vertreter des Schulministeriums.

Mit dem Titel „Informatisches Lernen zum Verstehen der Medienwelt“ war das Symposium auf dem Grifflenberg überschrieben. „Informatisches Lernen ist dabei umfassender als das Fach Informatik“, erklärt Fridhelm Büchele, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Fachgruppe Mediendesign der Uni Wuppertal (BUW). Es gehe dabei nicht nur um das Erlernen von Programmiersprachen, sondern auch um gesellschaftliche Auswirkungen digitaler Techniken. Um dieses Anliegen zu fördern, hat sich an der Uni unlängst eine Forum gebildet, das „Digitalisierung und Mediendidaktik in der Lehrerbildung“ voranbringen will.

„Digitalisierung geht alle Fachbereiche an. Wir wollen damit Netzwerkstrukturen schaffen“, sagt Büchele. Nach Vorträgen zu Begrifflichkeiten und ethisch-philosophischer Reflektion ging es im letzten Teil des Symposiums um die Frage, wie informatische Bildung in der Schulpraxis gelingen könne. Dr. Wolfgang Schimpf, Gymnasialschulleiter aus Göttingen, kam dabei die Aufgabe zu, die Euphorie der Teilnehmenden zu dämpfen. Schimpf, der nach eigenen Angaben selbst bereits früh digitale Lernformen in seiner Schule unterstützt hat, sagt: „Mich interessiert nicht der digitale Mehrwert, sondern der zeitgemäße Unterricht.“ Sprich: Digitalisierung nicht der Digitalisierung wegen. Zudem bereiten ihm „Entmündigungsprozesse“ durch zunehmende Überwachungsmöglichkeiten, wie im Extremfall China, Sorge. Seine Forderung: „Auch Digitalkritik gehört ins Curriculum.“

Geschwindigkeit, Umfang und Wege zur „informatischen Bildung“ wurden dann auch auf dem Abschlusspodium diskutiert. Ministerialbeamter Ralph Fleischhauer musste dabei einige Kritik einstecken. Einigen Vertretern aus der anwesenden Wissenschaft ging der festgelegte „Medienkompetenzrahmen“, der sechs Säulen der Digitalkompetenz festlegt und 24 Teilkompetenzen enthält, nicht weit genug. „Wie kann überhaupt festgestellt werden, dass die Kompetenzen landesweit gleichwertig erreicht werden?“, fragt Prof. Dr. Torsten Brinda von der Universität Duisburg-Essen. „Wir können Informatik nicht als Pflichtfach einführen, da die Lehrer fehlen“, erwiderte Fleischhauer und ergänzte, dass in der Überarbeitung der Lehrpläne zumindest festgelegt werde, dass alle Schulen Informatik als Wahlpflichtfach einführen müssen.

Auch Prof. Dr. Birgit Eickelmann von der Universität Paderborn schlug gemäßigtere Töne an: „Wir sollten den Medienkompetenzrahmen als Steilvorlage sehen, mit der wir den nächsten Schritt gehen können“, erklärte sie. „Wir sind doch jetzt nicht gleich gescheitert, nur weil es jetzt noch nicht reicht.“ Dass die konkrete Ausgestaltung der Vermittlung von Medienkompetenz nun teilweise an die Schulen übergeben wird, rechtfertigte Fleischhauer zudem mit den unterschiedlichen Voraussetzungen vor Ort. „Wichtig ist es, Kompetenzerwartungen zu formulieren“, so Fleischhauer. Auch bat er um Verständnis für die Dauer der Umsetzung: „Lehrplanentwicklung, Verbändeanhörung, Umsetzung. Es dauert lange.“

Neben der Frage, wann digitales Lernen beginnen sollte – in der Grundschule oder bereits im Kindergarten – wurde auch das Problem angerissen, dass es scheinbar immer noch eine höhere Aversion gegenüber Informatik unter Mädchen als unter Jungen gebe. „Die Genderfrage ist ein hausgemachtes Problem“, erklärte Prof. Eickelmann und fügte hinzu: „Wenn wir die Themen ab der Grundschule oder auch früher thematisieren und nicht problematisieren, dann haben wir das Problem nicht.“ Man solle „weg von einer Defizitperspektive, hin zu einer Positivperspektive“, forderte die Forscherin. Zuletzt sei natürlich auch die Lehrerausbildung gefragt. Prof. Humbert von der BUW forderte deshalb auch, einen digitalen Kompetenzrahmen für angehende Lehrkräfte zu entwickeln: Kein Lehrer dürfe ohne digitale Kompetenz an die Schule kommen.