Wohungunsmarkt Wohnungsbau in Wuppertal: „Uns läuft die Zeit davon“
Oliver Zier ist Geschäftsführer der städtischen Gemeinnützigen Wohnungsbau-Gesellschaft (GWG). Er sieht seit einiger Zeit schwierige Tendenzen und Entwicklungen, die Wuppertal schaden werden, sagt er.
Wuppertal tritt auf der Stelle. Abgesehen von der Einwohnerzahl wächst nicht mehr viel in der Stadt, die den Anspruch hat, das Oberzentrum des Bergischen Landes zu sein. Seit der Eröffnung des Döppersberges und der Inbetriebnahme des neuen Busbahnhofes hat sich zwischen Vohwinkel und Beyenburg nichts zukunftsweisendes ereignet. Umso mehr hat die Forderung des grünen Ratsherren Klaus Lüdemann aufhorchen lassen, Eigentümer zu verpflichten, ungenutzte Wohnungen dauerhaft zu vermieten. Das ist für Oliver Zier ein Unding- „Das ist wie der Versuch, mit dem Hammer eine Schraube in die Wand zu hauen“, sagt der Geschäftsführer der GWG. Solche Aussagen führten lediglich dazu, dass Eigentümer überhaupt nicht mehr in ihre Immobilie investierten. „Dabei läuft uns längst die Zeit davon. Eigentlich müsste Wuppertal jedes Jahr 1000 neue Wohnungen bereitstellen. Wir schaffen im besten Fall 200“, sagt Zier. Das reicht hinten und vorn nicht. Es reicht nicht, um die Nachfrage in Wuppertal zu befriedigen, und es reicht nicht, um Zuzüge zu generieren.
Zier hat in der Stadt eine trügerische Ruhe festgestellt. In Wuppertal stehen 10 000 Wohnungen leer. Die werden anscheinend als Reserve und Ersatz für neuen Wohnraum angesehen. Dabei sind sie im aktuellen Zustand nicht vermietbar.
„Wir brauchen ein Investitionsklima für mehr Wohnraum – und zwar für alle Marktteilnehmer, damit sich Ausgaben auch für Eigentümer kleinerer Mehrfamilienhäuser rechnen“, sagt der GWG-Geschäftsführer. Das Thema Klimaschutz gebe es auch am Immobilienmarkt, und lebenslanges Wohnen im Quartier sei eine weitere zentrale Herausforderung.
Zier ist überzeugt davon, dass Wuppertals Voraussetzungen für mehr Wohnungsbau im Grunde gut sind. Die Mitpreise hätten sich in den vergangenen Jahren moderat, aber so entwickelt, dass die Einnahmen wieder annähernd mit den Baukosten mithalten. Das Finanzierungsumfeld sei durch die anhaltende Niedrigzinsphase günstig.
Aber die politischen Rahmenbedingungen in Wuppertal sind es nicht, sagt Zier. Er kritisiert, dass die Diskussion um den Klimaschutz die wichtigeren Themen vor Ort überlagere. „Wir haben viele Probleme in Wuppertal. Aber das Klima gehört in unserer Stadt nicht zu den vordringlichen, da wir beispielsweise die Klimaschutzziele 2020 bereits erreicht haben.“
Umso schwieriger findet er die Forderung der Grünen im Stadtrat, Brachflächen in der Innenstadt zu reaktivieren, anstatt Außenflächen zu entwickeln. Zier ist diese Position zu hartleibig. „Es geht nicht um entweder oder, sondern um sowohl als auch“, sagt er. Die Revitalisierung innerstädtischer Grundstücke und Gebäude befriedige einen anderen Bedarf als Flächen am Stadtrand. Der Mix müsse es machen. Außerdem führe die Topographie Wuppertals dazu, dass in Außenbereichen ohnehin nicht übermäßig viel Bauland ausgewiesen werden könne.
Doch das Wenige, das möglich ist, braucht Wuppertal unbedingt. Denn, sagt Zier, die Konkurrenz schläft nicht. Duisburg beispielsweise vermarkte demnächst 110 Hektar an der Wedau, und auch andere Städte sowie Kreise im Umland buhlten um Zuzüge aus den Ballungsräumen Düsseldorf/Köln. Wuppertal macht das offenbar nicht. „Duisburg macht große Schritte, und wir schauen tatenlos zu“, kritisiert Zier. Er wünsche sich ein besseres Investitionsklima, denn insbesondere durch Neubau werde eine klimafreundliche Entwicklung des Wohnungsbestandes vorangetrieben. Gleiches gilt für das wichtige Ziel eines lebenslangen Wohnens im Quartier, also dem Abbau von Barrieren. Was es dazu braucht, ist für den Immobilienfachmann ganz klar. „Wir brauchen eine Verwaltung, die Investoren an die Hand nimmt und unterstützt. In unserem Rathaus muss sich der Kunde selbst darum kümmern, dass Baurecht realisiert wird, in anderen Städten ist das ganz anders.“
Deshalb fürchtet Zier, dass sich in Wuppertal eine Lawine aufbaut, der letztlich niemand mehr Herr werden kann. Wenn weiterhin jedes Jahr 750 Wohnungen zu wenig entstünden, laufe die Stadt in eine Sackgasse, warnt Zier. Wuppertal müsse sich endlich fragen, wo es in fünf, zehn Jahren stehen will. „Wir müssen alle besser werden und gemeinsam handeln. Wir brauchen Mut, Disziplin und Konsequenz.“