Wahlpflichtunterricht in Barmen „Wir haben hier schon Köche auf den Weg gebracht“

Barmen · In der Bernhard-Letterhaus-Schule werden Lehrer und Schüler ein Mal in der Woche von Schülern bekocht. Dies geschieht sogar im Rahmen des normalen Unterrichts.

Schüler kochen für Schüler und Lehrer an der Bernhard-Letterhaus-Hauptschule: Leony, Karina und Selina (v.l.) füllen die Teller.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Es herrscht großer Andrang vor dem Kochraum der Bernhard-Letterhaus-Schule in Barmen. Wendig huschen Schüler wie Kellner von Tisch zu Tisch, stellen flink ein Tablett ab und eilen wieder in die Küche zurück. Dort werden derweil Teller mit selbstgekochten Spaghetti Bolognese angerichtet und einem prüfenden Blick der Köche unterzogen, bevor sie zu 45 wartenden Lehrern und Schülern an den Tisch gebracht werden.

Was auf den ersten Blick nach normalem Restaurantbetrieb aussieht, ist tatsächlich Unterricht, wie Lehrerin Maria-Elisabeth Schmidt erklärt: „Der Kurs läuft im Rahmen des Wahlpflichtunterrichts. Hier gibt es auch Noten.“ Im „Schüler kochen für Schüler“-Projekt lernen die Schüler das ABC des Kochens von der Pike auf: Vom Zubereiten von Lebensmitteln über das Umrechnen und Abwiegen von Mengen bis hin zu neuen Rezepten decken die Kochstunden alles ab. Auch das Einkaufen gehöre zum Unterricht sowie das Bewerben der Gerichte: „Am Tag vorher gehen Schüler herum und fragen, wer am Donnerstag ein Essen haben möchte“, beschreibt Schmidt.

Ein Mal in der Woche treffen sich die 16 Kursteilnehmer aus der neunten Klasse mit ihren Lehrerinnen Maria-Elisabeth Schmidt und Pia Böhner, um leckere Gerichte zu kochen, die auch die Schulgemeinschaft erfreuen. Der Kurs sei beliebt und es bedürfe einer Bewerbung, um dort hineinzukommen, erklärt Maria-Elisabeth Schmidt. Jeden Donnerstag gibt es in den gut ausgestatteten und großen Küchenräumen der Schule ein Menü, das auch eine Nachspeise beinhaltet.

Das Menü werde zum Selbstkostenpreis angeboten, was bedeute, dass die Schüler mit ihrem Kochen keinen Gewinn erzielen, sondern nur die Kosten decken, so Schmidt. „Es macht unwahrscheinlich viel Spaß, mit den Schülern zu kochen, weil sie total motiviert sind. Sie bekommen direkt eine positive Rückmeldung zu ihrem Essen und sind sehr stolz darauf“, sagt Lehrerin Pia Böhner lächelnd. In der Küche wird wie in einem echten Restaurant großer Wert auf Hygiene gelegt: „Vor dem Start des Kurses gibt es immer eine eintägige Hygieneschulung“, erzählt Maria-Elisabeth Schmidt.

Den Speiseplan dürfen die 16 Köche selbst bestimmen. „Wir achten dabei darauf, dass es vernünftig ausgewogene Gerichte sind und dass die Kinder auch mal neue Gerichte kennenlernen und sich an anderes Essen herantrauen“, beschreibt Schmidt die Essensauswahl.

Die Kochgruppe ist begeistert bei der Sache: „Das Kochen macht uns einfach Spaß“, betont die 15-jährige Xenia. Michelle (15) sagt, sie hätte sich für diesen Kurs entschieden, weil sie hier etwas für ihr späteres Leben lerne. „Man hat hier viel Verantwortung und muss sich merken, was jeder Gast möchte“, erzählt die 14-jährige Süeda. Sie habe Zuhause schon das ein oder andere Gericht aus dem Kochprojekt nachgekocht.

Auch ehemalige Teilnehmer des Kochprojekts sind unter den Essensgästen und beeindruckt: „Es ist alles frisch zubereitet und ein Top-Service hier, man muss nichts machen“, sagt etwa der 16-jährige Daniel. Neben ihm sitzt die 15-jährige Jermaine, die den günstigen Preis für das Essen und die Freundlichkeit der Schüler schätzt.

Den Schülern habe besonders gefallen, Franzbrötchen und von Grund auf selbstgemachte Pizza in dem Kurs zu backen. Die 17-jährige Franziska hat der Projektunterricht in besonderem Maße inspiriert: „Ich habe nach dem Kurs ein Praktikum in einer Konditorei gemacht.“ Daniel kann sich vorstellen, später mal ein Restaurant zu eröffnen. „Der Kochunterricht hat Spuren hinterlassen“, merkt er an. Darauf ist Maria-Elisabeth Schmidt sehr stolz: „Wir haben hier schon Köche auf den Weg gebracht, das ist mit das Schönste an dem Kurs.“

Nicht nur Schüler, sondern auch Lehrer nutzen das Essensangebot des Projektkurses. „Ich finde das wundervoll, weil es eine Art Ruhepol ist zur Normalität. Ich werde hier von den Schülern verwöhnt, anders als im Unterricht, und kann hier in Ruhe mit Kollegen sitzen und reden“, schwärmt Sabine Gahlmann. Auch die stellvertretende Schulleiterin Andrea Berning isst regelmäßig das von den 16 Köchen zubereitete Menü: „Die Schüler, die im anderen Unterricht auffällig sind, erlebt man hier ganz anders. Sie machen hier einen guten Job.“

Wie in einem Restaurant gehört auch der bei 45 Essensgästen groß ausfallende Abwasch zum Projektkurs dazu. Ein paar Mienen werden dabei verzogen, doch packen alle am Ende engagiert mit an.

(red)