Nachruf Märchenforscher und Professor an der Bergischen Universität Wuppertal Heinz Rölleke ist gestorben
Wuppertal · Der Germanistik-Professor und Grimm-Experte lehrte 27 Jahre an der Bergischen Universität.
Er war beliebt bei Studenten und Gasthörern, zog Studierende aus aller Welt an und hielt selbst Vorträge in zahlreichen Ländern. Bis zuletzt veröffentlichte er Bücher, die auch für Nicht-Akademiker verständliches Wissen über Märchen, alte Bräuche und Sprache vermitteln. Am 2. Juni ist der renommierte Germanist, Märchenforscher und Grimm-Experte im Alter von 86 Jahren gestorben.
Von 1974 bis 2001 war er Professor für Deutsche Philologie einschließlich Volkskunde an der Bergischen Universität Wuppertal. „Er prägte in seiner Zeit wesentlich das Gesicht der jungen Wuppertaler Literaturwissenschaft und der Germanistik, die nicht zuletzt durch ihn eine Strahlkraft weit über die Region hinaus entwickelte“, heißt es in einem Nachruf der Uni.
Rölleke habe das Märchen als literarische Gattung in Deutschland und Europa rehabilitiert. Neben Bruno Bettelheim sei er maßgeblich dafür verantwortlich, dass heute eine zeitgemäße Rezeption von Märchen möglich ist. Denn in den 70er Jahren hatten diese keinen guten Ruf, unter anderem durch den Missbrauch der Nationalsozialisten. Rölleke habe etwa nachgewiesen, dass vermeintlich echte deutsche Märchen aus Italien und vor allem Frankreich in die Sammlung der Brüder Grimm gelangt waren, so die Uni.
Rölleke selbst erinnerte sich in einem Interview, wie bei seinem Amtsantritt die Medien auf seine Märchenseminare aufmerksam wurden, weil man das nicht für einen Stoff für Studenten, sondern für Kinder hielt – das sei kein ernsthaftes Thema. Er beschäftigte sich aber sehr ernsthaft damit, erarbeitete mehrere grundlegende historisch-kritische Ausgaben, vor allem zu den „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm, wie die Uni zu seinem 80. Geburtstag würdigte: „Er zählt international zu den renommiertesten Grimm-Forschern.“
An der Uni hielt er Lehrveranstaltungen zu einem breiten Spektrum, Schwerpunkte waren Klassik, Realismus, die klassische Moderne und vor allem die Romantik und die Märchen der Brüder Grimm. „Seine Begeisterung für Literatur übertrug sich auch in seinen Lehrveranstaltungen“, schreibt die Uni. „Studierende aus aller Welt kamen an die Wuppertaler Universität, um seine Veranstaltungen zu hören und bei ihm zu promovieren.“
Rölleke hat zahlreiche Preise erhalten, unter anderem 1985 den Preis der Akademie für Kinder- und Jugendliteratur Volkach und den Staatspreis des Landes Hessen; 1999 den Brüder Grimm-Preis der Philipps-Universität Marburg. 2004 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. 2006 erhielt er den Reichelsheimer Märchenpreis.
Im Uni-Nachruf heißt es außerdem, durch zahlreiche Editionen von Werken der Brüder Grimm, Hugo von Hofmannsthals und Else Lasker-Schülers habe Rölleke dazu beigetragen, Wuppertal als Zentrum editorischer Forschung zu etablieren.
Rölleke hat mehr als 80 Bücher veröffentlicht, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Er schrieb über 600 Aufsätze und war Mitherausgeber der Wuppertaler „Schriftenreihe Literaturwissenschaft.“ Und gerade ist ein von ihm verfasstes „Grimms-Märchen-Quiz“ erschienen, das auf 100 Spielkarten Fragen zu den bekannten Märchen stellt.
Der gebürtige Düsseldorfer hatte Germanistik, Geschichte und Philosophie in Köln und Zürich studiert, in Düsseldorf, Cincinnati (USA) und Trier gelehrt, bevor nach Wuppertal berufen wurde. Er lebte in Neuss.