Fest Ein Fest, das einfach alle verzaubert
Wuppertal · 18 Mädchen aus Syrien, Afghanistan und Deutschland erlebten im Stadtteiltreff Rehsiepen eine Bescherung. Alle sind begeistert von der besonderen Stimmung.
Es liegt etwas in der Luft. Aufgedreht laufen 18 Mädchen im Alter zwischen sieben und 14 Jahren durch die Räume des Stadtteiltreffs Rehsiepen der Stadt. Es wird geplappert, gescherzt und spontan umarmt. Ein prächtig geschmückter Weihnachtsbaum, unter dem ein Geschenke-Berg drapiert wurde, zieht immer wieder die Blicke der Kinder und Jugendlichen auf sich. Gleich ist Bescherung.
Weihnachten ist besonders, nicht nur wegen der Geschenke
Für die Mädchen ist das deshalb etwas Besonderes, weil viele von ihnen noch nicht so oft Weihnachten gefeiert haben. Sie kommen aus Afghanistan, Syrien, der Türkei, einige aber auch aus Deutschland. Der allergrößte Teil ist muslimischen Glaubens. Doch die Magie eines Weihnachtsfestes erschließt sich ihnen über alle nationalen und religiösen Grenzen hinweg.
Ahlam (11) berichtet: „Das ist jetzt mein zweites Weihnachtsfest.“ In ihrer Heimat Syrien kam sie mit Weihnachten überhaupt nicht in Berührung. „Ich wusste gar nicht, was das ist.“ In diesem Jahr hat sie zusammen mit den anderen den Baum geschmückt. Wenn sie an das letzte Jahr zurückdenkt, muss sie automatisch lächeln. Ahlam schwärmt: „Das war alles soooo schön.“
Berfin (14) kam mit fünf Jahren zum ersten Mal in den Nachbarschaftstreff und hat seitdem viele Bescherungen im Rehsiepen erlebt. „Ich freue mich jedes Mal sehr darauf“, sagt die Jugendliche. Dabei gehe es ihr gar nicht so sehr um die Geschenke, sondern um das Zusammensein mit den anderen Mädchen. „Ich fühle mich hier wie bei einer Familie“, sagt Berfin. Was das Weihnachtsfest so besonders macht? Die 14-Jährige sagt: „Es ist einfach schön. Unbeschreiblich.“ Wenn die Mädchen über ihr Weihnachten sprechen, funkeln ihre Augen.
Sozialpädagogin Jasmin El Amri feiert seit 2011 jährlich mit der Mädchengruppe das große Fest. Sie sagt: „Die Mädels freuen sich schon seit September.“ Da wurden nämlich in der Gruppe bereits Sterne gebastelt und Wünsche formuliert, damit in der Woche vor dem Heiligen Abend auch wirklich das Richtige unter dem Weihnachtsbaum liegt. Die Kinder im Rehsiepen wünschen sich nicht die extravaganten Dinge, sondern die nötigen. El Amri berichtet: „Ungefähr die Hälfte der Gruppe hat sich ein Federmäppchen oder Stifte gewünscht.“ Die Sterne gingen an die Benefiz-Aktion „Sternschnuppen“, die jährlich von der Stadt organisiert wird.
Die Kinder wissen nicht, wer genau sie beschenkt. Es sind Menschen, die zur Weihnachtszeit einem Kind den größten kleinen Wunsch erfüllen möchten. El Amri findet die Aktion toll. Das Prinzip funktioniere prima, noch niemals steckte das Falsche im festlichen Geschenkpapier. Und: „Die Leute schenken eher zu viel als zu wenig“, sagt El Amri.
Vor der Bescherung sitzen die Kinder am Tisch, verdrücken Kekse und beißen Schoko-Weihnachtsmännern den Kopf ab. Beritan (10) trägt die Geschichte von der kleinen Fee vor. Die Stimmung ist feierlich. Sozialarbeiterin Katharina Gräser, die zum ersten Mal das Fest mit den Mädchen erlebt, verrät: „Ich glaube, wir sind alle ein wenig aufgeregt.“
Dann endlich werden Nummern gezogen und damit die Reihenfolge bestimmt, in der die Päckchen geöffnet werden dürfen. Aisha hat die Ehre, das erste Geschenkpapier zerfetzen zu dürfen. Nach dem ersten großen „Ratsch“ macht die Neunjährige ganz große Augen. „Oh, mein Gott“, ruft sie und zeigt stolz ihre neuen „Top Modell“-Stifte vor. Ganz viele Kinder finden in ihren Päckchen auch noch einen Brief. Ein kleiner Gruß und ein paar warme Worte von dort, wo der Stern entsprungen ist.
Es ist spät. Langsam wird es Zeit, die Geschenke zu verstauen. Schließlich ist der Boden unter dem Weihnachtsbaum erfolgreich abgegrast. 18 Mädchen nehmen an diesem Abend mehr mit nach Hause als ein paar bunte Stifte und eine schicke Mappe.