Nachruf Wuppertal trauert um Ursula Kraus

Wuppertal · Die Politikerin und ehemalige Oberbürgermeisterin erhielt viele Auszeichnungen und hatte den Wuppertalern bis zuletzt viel zu sagen.

Diplomatisches Geschick stellte Ursula Kraus beim Zusammentreffen von Erich Honecker und Udo Lindenberg unter Beweis.

Foto: Kurt Keil

Alt-Oberbürgermeisterin Ursula Kraus ist am Montag an ihrem 91. Geburtstag gestorben. Als erste Frau an der Stadtspitze wird Ursula Kraus für immer einen festen Platz in der Wuppertaler Stadtgeschichte einnehmen.

Im Jahr 1984 wurde die SPD-Politikerin vom Stadtrat gewählt und setzte sich bis 1996 in diesem Amt für ihre Mitbürger ein. Das brachte ihr Anerkennung über die Parteigrenzen hinaus ein. Für ihre Verdienste um Wuppertal und ihr soziales Engagement wurde sie am 3. Februar 1998 mit dem Ehrenring der Stadt ausgezeichnet und am 28. August 2000 zur Ehrenbürgerin ernannt. Am 15. November 2002 wurde ihr das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse zuerkannt. Am 30. August 2010 wurde Ursula Kraus der Ehrentitel Alt-Oberbürgermeisterin der Stadt Wuppertal verliehen. Zudem wurde sie mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.

Ursula Kraus wurde 1930 in Neunkirchen im Saarland geboren. Mehr als sechs Jahrzehnte gehörte die gelernte Industriekauffrau der Sozialdemokratischen Partei an, deren Politik sie von 1980 bis 1990 im Landtag Nordrhein-Westfalens vertrat.

„Wir verlieren einen wundervollen Menschen. Mit ihrer ausgleichenden Art hat sie sich stets für das Gemeinwohl unserer Stadt und ganz besonders für die Wuppertalerinnen und Wuppertaler eingesetzt“, heißt es in einem Nachruf der SPD Wuppertal. Mit Ursula Kraus verliere Wuppertal eine Frau, die von den Grundwerten der Sozialdemokratie zutiefst überzeugt war und diese stets gelebt habe. „Sie hat sich für ihre Stadt begeisternd eingesetzt und konnte so viele Menschen für Wuppertal und weit über die Grenzen Wuppertals hinaus begeistern.“

2018 hatte WZ-Chefredakteur Lothar Leuschen die Alt-Oberbürgermeisterin im Altenheim der DRK-Schwesternschaft in Barmen besucht und mit ihr über die Entwicklung der Stadt geplaudert. „Die Wuppertaler könnten zuversichtlicher sein“, hatte Ursula Kraus gemeint. Einen Satz, in dem sie viele Jahre Lebenserfahrung und Stadtgeschichte zusammenfasste. Wuppertal hatte Ursula Kraus oft genug nach innen und außen gegen Vorurteile verteidigt. „In Wuppertal ist es so schön, hier kann man so schön wohnen. Es gibt nur ganz wenige Städte, in denen das auch so ist.“ Auch das ist ein Satz, hinter dem sie mit voller Überzeugung stand.

Für die gebürtige Saarländerin
war Wuppertal die Heimat

Doch unkritisch gegenüber ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern war sie trotz ihrer positiven Grundstimmung nie. So mahnte sie im gleichen Gespräch davor, wachsam zu bleiben. Dass Angst vor Flüchtlingen geschürt werde und in Deutschland Menschen zusammengeschlagen werden, nur weil sie eine jüdische Kopfbedeckung tragen, kritisierte sie als „unerträglich“. Sie mahnte, mit dem Begriff Heimat vorsichtig umzugehen. Wenn jemand zehn Jahre und länger an einem Ort lebe, dann sei das seine Heimat, egal wo die Wiege gestanden habe. Sie sei im Saarland geboren, aber das sei nicht ihre Heimat, sondern das sei Wuppertal.

„Zu viele wissen heute nicht, was Flucht und Vertreibung bedeuten.“ Auch dieser Satz gibt eine Grundhaltung von Ursula Kraus wieder. Die Wuppertaler SPD erinnerte daran, dass Ursula Kraus nach ihrem Ausscheiden aus der aktiven Politik ihre große Erfahrung und ihre gewinnende Herzlichkeit in viele Bereiche des Lebens eingebracht habe. Stellvertretend für die zahlreichen Organisationen und Verbände, in denen sie tätig war, wird der Förderverein Neue Synagoge genannt. Als Oberbürgermeisterin hatte sie zudem das Gründerzentrum W-tec mitinitiiert und somit ihren Beitrag geleistet, um Arbeitsplätze in Wuppertal zu schaffen.

Die Städtepartnerschaft mit Schwerin forderte vor allem das diplomatische Geschick von Ursula Kraus heraus, denn die erste deutsch-deutsche Städtepartnerschaft war keine Liebe auf den ersten Blick. Die Städtepartnerschaft mit Schwerin bescherte Wuppertal auch einen vielbeachteten Besuch des DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker, dem Ursula Kraus mit der gebotenen Sachlichkeit begegnete. „„Es war nicht möglich, mit diesem Mann ins Gespräch zu kommen.“ Auch dies ist ein Satz, mit dem Ursula Kraus den Sachverhalt auf den Punkt brachte.

Mit dieser Sachlichkeit hat Ursula Kraus Wuppertal in ihrer Amtszeit durch bewegte Jahre mit vielen politischen Veränderungen geführt, wobei die deutsche Einheit nur eine der großen Herausforderungen war. Es waren gute Jahre für Wuppertal.