Tierreich Bilis Kumpel Mato ist mit 55 Jahren der älteste Bonobo der Welt
Wuppertal · Affen-Promi Bili hat einen außergewöhnlichen Mitbewohner im Zoo. Dessen Alter lässt Wissenschaftler staunen.
Im Alter von 30 Jahren ist für die meisten Bonobo-Männchen Schluss. Wie der stellvertretende Zoodirektor Dr. Severin Dreßen weiß, entspricht das einem Menschenalter von etwa 90 Jahren. „Man kann grob mal drei rechnen“, sagt der Tier-Experte. Mit diesem Wissen ist das Alter von Bonobo Mato besonders beeindruckend: Er wurde am 22. Dezember 1963 in Frankfurt geboren - er ist also 55 Jahre alt. „Matos Alter ist eine wissenschaftliche Sensation“, sagt Dreßen. Sollte Mato einmal sterben, seien Experten mit Sicherheit an einer Obduktion des Tieres interessiert. Denn: Eine Erklärung dafür, warum Mato alle Artsgenossen um Jahrzehnte überlebt hat, gibt es nicht. „Das ist wahrscheinlich eine Mutation“, so Dreßen.
Ein ganz normaler Vormittag im Zoo: Während sich der Bonobo-Junior Bili lässig von Seil zu Seil schwingt, sitzt Mato im hinteren Bereich des Affenhauses und schlürft einen Tee, der ihm von einem Pfleger durch ein Gitter gereicht wird. Mato wirkt auf den ersten Blick nicht wie ein mehr als 100-jähriger Greis. Nur wer ihm ganz nah kommt, sieht, dass er weniger muskulös ist wie die anderen Bonobos und die Haut im Gesicht etwas hängt. Trotzdem ist Mato noch topfit. „Er bewegt sich gut und isst ganz normal“, sagt Dreßen. Er darf als Bonobo auch keine Schwäche zeigen - denn die dominanten Weibchen würden ihn sonst angreifen.
Seit 1988 lebt Mato im Wuppertaler Zoo. In den jüngsten Wochen und Monaten lag die ganze Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit bei Bonobo Bili und den Konflikten innerhalb der Bonobo-Gemeinschaft. Während Mato in jungen Jahren auch mit den anderen Männchen um die Rangordnung gekämpft hat, hält er sich heute weitestgehend zurück.
„Bonobos sind wie schlecht
erzogene Jugendliche“
Momentan sind die Bonobos in zwei Gruppen unterteilt. Mutter Eja lebt mit ihren Zwillings-Weibchen Azibo und Ayubo und dem Sohn Bakari auf der einen Seite, die Herren mit Bili, Birogu und Mato sowie den zwei Weibchen Muhdeblu und Kichele auf der anderen Seite. Die Zwillinge sind vor der Trennung immer wieder auf den Außenseiter Bili losgegangen, haben ihn gebissen und getreten. Wenn der sich gewehrt hat, schritt auch noch Mutter Eja ein. Bei den Bonobos sind die Frauen das dominante Geschlecht, und Eja ist die Chefin im Zoo. Gleichzeitig hat Bili eine ganz schlechte Stellung, weil er ohne Mutter in den Wuppertaler Zoo kam, also ohne schützende Vertraute. Die Affen nutzen so eine Schwäche schamlos aus. „Bonobos sind wie schlecht erzogene Jugendliche. Die provozieren die ganze Zeit“, sagt Experte Dreßen.
Doch nach Aussage des stellvertretenden Zoodirektors war der Ausschlag für die Bonobo-Trennung vor allem die Tatsache, dass jetzt schon feststeht, dass Eja und ihre Kinder den Zoo verlassen werden, weil dies das europäische Zuchtprogramm so vorsieht. Die Entscheidung, welche Bonobos wohin kommen, wird in Antwerpen getroffen. Eja und ihre Familie sind eine zu große Einheit und zu dominant geworden.
Bilis und Birogus Wunden zeigten das eindrucksvoll. Tierschützer liefen Sturm, demonstrierten, sprachen von „Mobbing“ und „schweren Verletzungen“. Zoodirektor Arne Lawrenz erhielt Morddrohungen und wurde per Mail und über Facebook beleidigt. Die Polizei hat inzwischen erfolgreich zwei Täter ermittelt. Wie die Staatsanwaltschaft auf WZ-Anfrage mitteilte, kamen die Schreiber aus dem Großraum Konstanz und aus Oldenburg.
Inzwischen tollen Bili und Birogu unbeschwert durchs Affenhaus. Von Verletzungen ist nichts mehr zu sehen. „Für uns Menschen sind solche Attacken schwer auszuhalten, bei Bonobos sind sie aber völlig normal“ sagt Dreßen. Auch der Vorwurf, dass Bili in der freien Wildbahn längst hätte aus der Gruppe fliehen können, weist er zurück. „Bonobos bleiben in der Natur bei ihren Artgenossen, auch wenn sie angegriffen werden.“ Keine von Bilis Wunden hätten behandelt werden müssen, sie seien zügig verheilt. Die Anzeige gegen den Zoo sei eingestellt worden. Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert: „Wir konnten keinerlei Fehlverhalten feststellen.“
Wahrscheinlich ist das Affentheater aber nicht beendet. Die Mädels Muhdeblue und Kichele könnten, so Dreeßen, jederzeit auf die Idee kommen, ihren Platz in der Gruppe mit Angriffen zu behaupten. Mato wird da wahrscheinlich nicht mehr mitmischen. Aber vielleicht noch ein paar Jahre in der Ecke sitzen, seinen Tee schlürfen und die Experten staunen lassen.